Wenn Alexander Blunschi durch die Stadt Schaffhausen geht, muss er genug Zeit einberechnen, denn alle paar Meter grüsst ihn jemand. Und er scheint dies durchaus zu geniessen: «Wenn ich mit Leuten aus Zürich hier bin, können die das oft kaum glauben, dass sich hier alle kennen. Ich finde das schön.» Er selbst nennt sich «Schaffhauser durch und durch» und werde auch bei SRF3 von den Mitarbeitenden oft als «der Schaffhauser» wahrgenommen. Die Region aufgrund des Berufs zu verlassen, war für ihn keine Option. Einzig den Kanton hat er vor ein paar Jahren gewechselt und wohnt heute in Flurlingen.
Ins kalte Wasser geworfen
Seine Radiokarriere startete Alexander Blunschi bei Radio Munot. Nach abgeschlossener Matur startete er beim Lokalsender ein Volontariat und wurde wenig später, mit gerade mal 23 Jahren, Chefredaktor des Schaffhauser Radiosenders. «Aus heutiger Sicht war das grobfahrlässig. Einen 23-Jährigen zum Chefredaktor zu machen, kam einem Himmelfahrtskommando gleich, aber ich hatte die beste Zeit.» Viele Qualitäten, die er heute ausspielen kann, habe er in dieser Phase gelernt. Manchmal auch auf die harte Tour, gibt er zu: «Wegen meiner Unerfahrenheit trampelte ich in viele Fettnäpfchen. Wir hatten Krisensitzungen mit Schaffhauser Politgrössen wie Herbert Bühl, Heinz Albicker oder Benno Schmid von der Polizei. Wälz Studer bügelte alle meine Fehler wieder aus und liess mich machen. Das werde ich ihm nie vergessen.» Wälz Studer war damals Chef bei Radio Munot. Auf seinen Zögling, Alexander Blunschi, angesprochen, kommt er ins Schwärmen: «Alex war eines meiner grossen Talente. Bei ihm wusste ich von Anfang an, dass er eine aussergewöhnliche Kraft ist. Er ist authentisch, hat eine gewisse Ausstrahlung und wird in seiner Umgebung anerkannt. Das ist eine Gabe, die er hat.»
Anfänge bei SRF3
Radio Munot ist aber ein Ausbildungssender und die meisten zieht es früher oder später weiter. Alexander Blunschi brauchte nach der intensiven Zeit als Chefredaktor eine Auszeit: «Ich war ja sieben Tage die Woche auf Piket. Irgendwann merkte ich, dass ich eine Pause brauchte.» Eine Pause wohl nicht nur vom Radio, sondern auch vom engmaschigen Schaffhausen. Mit seiner damaligen Partnerin kehrte er der Region am Rhein zum ersten Mal für längere Zeit den Rücken und reiste für neun Monate nach Australien. Bereits während dieser Zeit bewarb er sich bei SRF, wurde bei seiner ersten Bewerbung aber nicht berücksichtigt. Beim zweiten Anlauf klappte es und so startete er 2007 als Produzent bei SRF3. Sein Drang zum Mikrofon sollte allerdings einen herben und aus heutiger Sicht wichtigen Dämpfer erleben: «Mein damaliger Chef, Pascal Scherrer, sagte mir knallhart: ‹Ich weiss, du willst Radio machen, aber das können hier alle anderen auch – die meisten sogar besser als du. Aber du kannst Menschen führen und Strategien und Konzepte ausarbeiten, das ist deine Stärke.›» Keine einfachen Worte für Alexander Blunschi, der auch heute noch Radiomann mit Leib und Seele ist: «Das tat natürlich grausam weh und startete einen längeren Prozess bei mir, aber diese klaren Worte waren in der Rückblende extrem wichtig für mich.»
Die DNA des Senders prägen
Seit 2019 leitet Alexander Blunschi SRF3 als Co-Leiter, ab dem kommenden April wird er die alleinige Führung übernehmen und steht damit zuoberst des zweitmeist gehörten Radiosenders des Landes. Sein Problem: Der Radiokonsum geht in der Schweiz immer mehr zurück. Vor allem junge Leute hören deutlich weniger Radio. Ist er also nur der Kapitän eines untergehendenden Schiffes? Alexander Blunschi relativiert: «Das lineare Radio wird sicher nicht mehr wachsen, der Audiomarkt ist aber stabil. Wenn wir das Radio und alle Podcasts, die wir haben, zusammen ansehen, sind die Hörerzahlen bei SRF3 nicht gesunken. Es gilt, sich den Veränderungen rasch genug anzupassen.» Und dann fügt er einen, für den hart umkämpften Radiomarkt spannenden Satz an: «Ich sehe die anderen Radiosender weniger als Konkurrenz und finde, wir sollten mehr zusammenarbeiten. Unsere Konkurrenz ist das Leben. Die Leute haben Partnerschaften, Kinder, Hobbys, sind noch in einem Verein. Wir kämpfen um die Zeit und die Aufmerksamkeit der Hörerinnen und Hörer. Da würde es Sinn machen, mehr zusammen zu spannen.»
Zum Runterfahren kein Radio
In seiner Funktion als Leiter von Radio SRF3 ist Alexander Blunschi kaum noch am Radio zu hören. Seine Aufgabe sei es, die DNA des Senders zu prägen und zu verteidigen, was sehr viel Planung und strategische Entscheidungen beinhalte. Und - viele Gespräche mit Angestellten: «Ich mache sehr viel 1:1-Betreuung. Die Ansprüche sind enorm, denn Moderatorinnen und Moderatoren brauchen nicht nur die Aufmerksamkeit der Hörerinnen und Hörer, sondern auch des Chefs. Da braucht es viel Gespür von meiner Seite und das ist wohl auch der Bereich, in dem ich in den letzten Jahren am meisten lernen musste.» Und wie fährt der Radiochef und Vater von zwei, wie er sagt, «lustigen Mädchen» nach einem harten Arbeitstag runter? «Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, Hauptsache nichts mit Bildschirm. Ich lese viel, gehe nach draussen oder mache Sport. Vor allem aber höre ich kein Radio.»