Invasive Neophyten – was bedeuten sie für Mensch und Natur? Dieser Frage widmet sich die diesjährige Naturserie des «Bocks» in Zusammenarbeit mit dem WWF Schaffhausen, Pro Natura Schaffhausen, dem Regionalen Naturpark Schaffhausen sowie Turdus. Ziel ist, in den monatlich erscheinenden Artikeln einzelne invasive Neophyten, die in Schaffhausen verbreitet sind, näher zu beleuchten. Zudem soll aufgezeigt werden, wie diese richtig entfernt sowie entsorgt werden und welche einheimischen Pflanzenarten als Alternative gepflanzt werden können.
Einheimische Arten verdrängt
Was sind denn Neophyten? «Neophyt heisst nur, dass die Pflanze aus dem Ausland stammt und bei uns eingeschleppt worden ist», erklärt Sarah Bänziger, Projektleiterin Natur und Landschaft beim Regionalen Naturpark Schaffhausen. Es gäbe viele nicht einheimische Nutzpflanzen, die heute für unsere Gesellschaft von enormer Wichtigkeit sind und als Nahrungsgrundlage dienen, wie beispielsweise Kartoffeln, Zwiebeln, Mais, Weizen oder Tomaten. Problematisch seien also nur jene Pflanzen, welche in ihrem neuen Lebensraum keine oder nur wenige natürlichen Feinde haben und sich sehr stark oder raffiniert vermehren können – sogenannte invasive Neophyten.
In den vergangenen Jahren breiteten sich diese im Kanton Schaffhausen stark aus (der «Bock» berichtete am 13. Juli 2021). «Einige invasive Neophyten haben die Fähigkeit, sich über kleinste Wurzelstücke von wenigen Zentimetern zu vermehren, oder bilden über 10 000 Samen pro Pflanze. Wenn diese Pflanzen dann keine natürlichen Feinde in ihrem neuen Lebensraum haben, breiten sie sich stark aus und verdrängen die einheimischen Arten oder verändern den Nährstoffgehalt im Boden», führt Sarah Bänziger weiter aus.
Tipps für Laien
Im Kanton Schaffhausen sind das Einjährige Berufkraut sowie die Kanadische Goldrute am meisten verbreitet. Weiter gehören der Sommerflieder, der Kirschlorbeer, der Essigbaum oder das Geissblatt zu den invasiven Neophyten. Es gibt eine Schwarze Liste, in der alle Arten von invasiven Neophyten vermerkt sind, welche bekämpft werden müssen (diese ist unter infoflora.ch/de/neophyten zu finden). «Die Schwarze Liste zeigt an, in welchen Regionen die invasiven Neophyten mit besonders hohem Ausbreitungspotential vorkommen», meint Sarah Bänziger. Wenn invasive Neophyten im eigenen Garten auftauchen, sollten diese dringend entfernt werden, rät die Expertin. Folgendes sei für Laien zu beachten:
• Keine invasiven Neophyten neu anpflanzen.
• Vorhandene Problempflanzen wenn immer möglich entfernen. Es kann mehrere Jahre dauern, bis ein Bestand definitiv beseitigt ist.
• Ausbreitung von invasiven Arten über den eigenen Garten hinaus vermeiden:
• Problempflanzen nicht absamen lassen. Blütenstände vor der Samenreife abschneiden.
• Kein Pflanzenmaterial aus dem Garten in der freien Natur deponieren.
• Wurzeln und Samenstände von invasiven Neophyten im Schwarzkehricht entsorgen, nicht kompostieren.
Für Laien und Profis gibt es zudem die Möglichkeit, die App «InvasivApp» herunterzuladen. Diese dient unter anderem zur Erfassung von Neophyten, deren Bekämpfung und dessen Erfolgskontrolle. Sie unterstützt alle Interessengruppen bei ihren Bemühungen, eine weitere Ausbreitung der invasiven gebietsfremden Pflanzen zu verhindern.
Eine weitere Möglichkeit für Gartenbesitzerinnen und -besitzer ist, sich von den Trägerorganisationen (Pro Natura Schaffhausen, Turdus, WWF und dem Regionalen Naturpark Schaffhausen) der Initiative «Natur vor der Haustür» beraten zu lassen. Unter anderem veranstalten diese jährlich mehrere Aufwertungseinsätze mit Freiwilligen, um Lebensräume aufzuwerten oder Neophyten zu bekämpfen. Dabei erhalten die Teilnehmenden wichtige Inputs und können selbst mehr über die Problematik lernen.
Massnahmen vor Blütezeit umsetzen
Der Regionale Naturpark Schaffhausen hat in seinem Perimeter bisher in 12 Gemeinden invasive Neophyten bekämpft. «Die Flächen mit invasiven Neophyten werden über mehrere Jahre betreut. Während dieser Zeit werden invasive Neophyten ausgerissen, ausgegraben, gemäht oder auch gefällt», sagt Sarah Bänziger. «Wir bekämpfen die invasiven Neophyten nur mechanisch und möchten keine Chemie verwenden.» Zudem achte der Regionale Naturpark darauf, die Massnahmen vor der Blütezeit umzusetzen, und zwar in Gebieten, welche besonders wertvoll sind, wie beispielsweise Orte, welche besonders gefährdete oder seltene Arten beheimaten. Dabei bekämpfen sie unter anderem die Kanadische Goldrute, das Drüsige Springkraut, den Japanknöterich, den Kirschlorbeer und den Riesenbärenklau sowie das Einjährige Berufkraut.
Auf die Frage hin, welche invasive Neophyten dem Naturpark besonders Sorge bereiten, erklärt Sarah Bänziger, dass die Bekämpfung des Japanknöterich beispielsweise eine grosse Herausforderung sei – dieser kann sich bereits mit nur kleinen Wurzelstücken vermehren. Auch stellt sich die Bekämpfung des Riesen-Bärenklau als schwierig heraus, da dieser bei Berührung schmerzhafte Hautausschläge verursachen kann. «Aber alle invasiven Neophyten bereiten uns Sorge, weil sie sich rasch ausbreiten», stellt Sarah Bänziger klar. Gerade deshalb sei eine Bekämpfung von grosser Wichtigkeit – auch in privaten Gärten.