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Politik
18.04.2022

Ist das Klimaziel in Sicht?

Können die klimapolitischen Ziele durch die Schaffung eines Energie- und Klimafonds unterstützt werden?
Können die klimapolitischen Ziele durch die Schaffung eines Energie- und Klimafonds unterstützt werden? Bild: pexels.com
Ab dem Jahr 2050 sollen in der Schweiz keine Treibhausemissionen mehr ausgestossen werden. Die Annahme der Teilrevision des Baugesetzes könnte bei der Erreichung dieses Zieles behilflich sein. Doch die Meinungen gehen im Kanton Schaffhausen auseinander.

Der Umweltschutz ist nicht erst seit Beginn der Klimastreik-Bewegung, initiiert durch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, ein omnipräsentes Thema. Auf Schweizer Ebene hat der Bundesrat im Januar 2021 die langfristige Klimastrategie der Schweiz verabschiedet. Grundlage dafür ist das Netto-Null-Ziel bis 2050.

Die kantonale Vorlage über die Teilrevision des Baugesetzes, welche am 15. Mai zur Abstimmung kommt, sieht die Schaffung eines Energie- und Klimafonds vor. Der Fonds soll die Massnahmen der Klimastrategie mitfinanzieren. Der Kantonsrat hat indes mit 39 zu 15 Stimmen beschlossen, die Summe von 15 Millionen Franken aus finanzpolitischen Reserven als Ersteinlage in den Fonds fliessen zu lassen. Sobald diese Gelder aufgebraucht seien, wären jährliche Einlagen vorgesehen. Der Kantonsrat solle Jahr für Jahr die Höhe der Gelder bestimmen.

Jeder Fonds benötigt eine gesetzliche Grundlage. Der Energie- und Klimafonds soll im Baugesetz integriert werden. Das letzte Wort zur Schaffung dieses Energie- und Klimafonds haben die Stimmberechtigten, die am 15. Mai für die kantonale Abstimmung «Teilrevision des Baugesetzes» an die Urne gehen. 

Was Befürworter und Gegner sagen

Die Befürworter der Vorlage unterstützen die Schaffung des Energie- und Klimafonds insbesondere darum, weil die Klimaveränderungen im Kanton Schaffhausen bereits sichtbar und Investitionen entsprechend notwendig seien. Des Weiteren sei die Schaffung dieses Fonds, nach der Kenntnisnahme der Klimastrategie durch den Kanton im 2021, eine logische Konsequenz.

Gegensprecher zweifeln indes die Klimaszenarien der Wirtschaft teilweise an und sind der Meinung, dass der Kanton Schaffhausen keinen Einfluss auf das Klima und den Klimawandel habe. Eine weitere Diskrepanz ist die jeweils durch den Kantonsrat definierte Höhe der jährlichen Einlagen. In finanziell guten Jahren könnte die Einlage höher ausfallen, bei angespannter Lage könnte der Betrag nach unten korrigiert werden oder auch ganz ausfallen. Hier sieht die Opposition eine Einschränkung der demokratisch finanzpolitischen Steuerung. 

Bild: zVg.

Kontra: Erwin Sutter

«Bock»: Der Fonds soll jährlich mit einer Einlage, die der Kantonsrat bestimmt, wieder aufgefüllt werden. Gäbe ein fixer Jahresbetrag nicht mehr Planungskontrolle?

Erwin Sutter: Der Kantonsrat ist verpflichtet, die beiden Fonds mit Millionen aus der Staatskasse zu speisen, sobald ein Mindestbestand unterschritten wird. Und das Jahr für Jahr, ohne zeitliche Begrenzung und weitgehend ohne parlamentarische Kontrolle über die Projekte. Welcher Private würde eine solche Verpflichtung auf unbefristete Zeit mit eigenen Mitteln eingehen?

Planungssicherheit kann auch erreicht werden, wenn die Mittel für sinnvolle Projekte rechtzeitig geplant, jährlich budgetiert und bewilligt werden. Ändert sich die finanzielle Situation, etwa bei einer neuen Pandemie, einem länger dauernden Strommangel oder einfach, wenn die Steuereinnahmen einbrechen, dann wird dieser Fonds zur finanziellen Fussfessel. Es darf doch nicht so weit kommen, dass wegen den per Gesetz gebundenen Ausgaben für den Klimaschutz die Mittel für andere wichtige Aufgaben wie Bildung, Gesundheitsversorgung oder Sicherheit knapp werden.

Kann der Kanton Schaffhausen überhaupt Einfluss auf das Klima und den Klimawandel nehmen?

Sutter: Selbst wenn die Schweiz ihren Ausstoss an CO2 auf null reduzieren würde, hätte dies keinen Einfluss aufs Klima. Das heisst aber nicht, dass man nichts machen soll. Es müssen mit sinnvollen Massnahmen Ressourcen geschont und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduziert werden. Das ist aber nicht zu verwechseln mit Geldverteilen an die eigene Klientel aus unendlichen Klimatöpfen.

Rechtfertigen die klimatischen Bedingungen einen Fonds in solch einer finanziellen Höhe?

Sutter: Für jede Wetterkapriole werden heute die CO2-Emissionen verantwortlich gemacht. Wir wissen, dass sich das Klima im Laufe der Erdgeschichte auf natürliche Weise immer verändert hat und die Ursachen dazu viel komplexer sind als behauptet. Was es sicher braucht, sind Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel wie Hochwasserschutz oder eine ausreichende Wasserversorgung bei Trockenheit, aber auch dafür braucht es keine Endlos-Fonds. Für sinnvolle Projekte können jährlich oder auch mehrjährig die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt und dabei auch Bundeszuschüsse abgeholt werden.  

Christoph Hak, GLP, Parteipräsident Kanton Bild: zVg.

Pro: Christoph Hak

«Bock»: Die Klimastrategie 2050 soll ein ambitiöses Ziel sein. Wie wichtig ist das Schaffen eines Energie- und Klimafonds in Bezug auf die Netto-Null-Strategie des Bundes?

Christoph Hak: Wenn man den neuesten IPCC-Bericht liest, so wird schnell klar, dass die Klimastrategie des Bundes mitnichten ein ambitiöses Ziel ist, sondern Netto-Null eine absolute Notwendigkeit. Wir haben in der Schweiz die finanziellen Mittel und das Know-how, dieses Ziel auch schon vor 2050 zu erreichen. Einzig am Willen mangelt es noch. Die Wissenschaft warnt, die Technologien stehen zur Verfügung, aber die Politik kommt seit vielen Jahren nicht mit dem notwendigen Tempo voran.

Es geht bei der Dekarbonisierung nicht nur um das Klima. Es ist schlecht für die ganze Welt, wenn wir Milliarden an Despoten und Kriegsverbrecher überweisen. Mit unserem Energiehunger finanzieren wir Tod und Leid. Auch dies ist nicht neu, aber mit dem Krieg gegen das ukrainische Volk hat diese Problematik für uns eine neue Dimension bekommen, weil es quasi vor unserer Haustüre passiert. Die Umstellung unserer Energieversorgung ist machbar, benötigt aber grosse Investitionen. Für unsere Volkswirtschaft ist dies jedoch sehr interessant, da die Energieausgaben so in der Region bleiben. Mit dem Klimafonds geben wir dem Kanton die nötigen Mittel, seine Klimastrategie zusammen mit den Gemeinden, den lokalen Unternehmen und der Bevölkerung umzusetzen.

Welche Klimaveränderungen stellen Sie fest, die die Notwendigkeit eines solchen Fonds rechtfertigen?

Hak: Wenn man durch den Wald geht, so sieht man, dass dieser teilweise in schlechtem Zustand ist und die Baumbestände durch klimaangepasste Arten ersetzt werden müssten. Die vielen meteorologischen Extremereignisse der letzten Jahre deuten darauf hin, dass sich mit dem Klimawandel auch in unseren Breitengraden einiges verändert. Für den Hochwasserschutz sind weitere Investitionen nötig, wie wir im vergangenen Sommer hautnah erleben mussten.

Für die Mitfinanzierung der Klimastrategie wäre anstelle des Fonds der reguläre Weg über separate Budgetanträge möglich. Was spricht aber für den Fonds?

Hak: Im Moment haben wir gesunde Finanzen und die entsprechenden Mittel, diesen Fonds ohne Mühe zu speisen.  Der Fonds bietet eine stabile Grundlage für die Finanzierung dieser Generationenaufgabe sowie Planungssicherheit für die Investitionen, die der Umwelt, der Wirtschaft und der Lebensqualität dienen.

Gabriella Coronelli, Schaffhausen24