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Schaffhausen
09.01.2023

Der Schlittschuhlauf auf Kunsteis

Der Eispark der KSS begrüsst jährlich fast 70 000 Besuchende. Die letzte Sanierung der Eispisten war vor drei Jahren und diese sind deshalb nicht Gegenstand der Neubau-Planung von 80 Millionen.
Der Eispark der KSS begrüsst jährlich fast 70 000 Besuchende. Die letzte Sanierung der Eispisten war vor drei Jahren und diese sind deshalb nicht Gegenstand der Neubau-Planung von 80 Millionen. Bild: zVg. / kss.ch
Aufgrund der Energiekrise soll das Geschäft mit dem Kunsteis boomen. Denn synthetische Eisbahnen benötigen weder Strom noch Wasser.

Der «Tages-Anzeiger» veröffentlichte am 30. Dezember einen Artikel über ein auf dem Bundesplatz in Bern aufgestelltes Eisfeld. Auf dem Bild sind schlittschuhlaufende Kinder auf der Eisfläche zu sehen. Also nichts wirklich Aussergewöhnliches für diese Jahreszeit. Was auf dem Bild jedoch nicht zu erkennen ist, ist, dass die abgebildete Schlittschuhbahn nicht aus Eis, sondern aus Kunststoff besteht. Der «Bock» fragte bei Ueli Jäger, Geschäftsführer der KSS, nach, ob eine solche Kunsteisbahn auch für den Freizeitpark Schaffhausen in Frage kommen könnte. 

Nicht Bestandteil des Projektes

Im erwähnten Artikel lächelt im Vordergrund des Bildes der CEO eines auf synthetisches Kunsteis spezialisierten Unternehmens. Der Unternehmer hat allen Grund zum Lachen. Im Artikel gibt er an, dass seine Firma den Umsatz im Vergleich zu 2019 verdoppelt habe. Auf der Internetseite des Kunsteis-Herstellers ist zu lesen, dass das umweltfreundliche und kostengünstige Kunsteis für den Betrieb weder Wasser noch Strom benötige. Die momentane Energiekrise könnte demnach ein möglicher Treiber der Verdoppelung des Umsatzes sein. 

Ueli Jäger teilt auf Anfrage des «Bocks» mit, dass die Eispisten der KSS vor drei Jahren saniert wurden. Deshalb sind sie nicht Gegenstand der Neubau-Planung und somit nicht in den vorgesehenen 80 Millionen enthalten. Das Potenzial einer Ökologisierung der KSS sieht er in der mit der Technikzentrale verbundenen Nutzung aller Energieflüsse. Und diese wiederum ist Teil des Neubauprojektes.

Auch mögliche Nachteile?

Einsparungen sind eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist das Ökosystem. Umweltorganisationen bemängeln den Abrieb der Kunststoffplatten und befürchten, dass das entstehende Mikroplastik unkontrolliert in die Umwelt gelangt. Die Herstellerfirmen argumentieren dagegen und behaupten, dass vergleichsweise das ganztägige Laufen in Gummischuhsolen und das Autofahren ein Vielfaches an Abrieb generiere. «Wie überall gibt es immer einen Vergleich mit anderen und ich finde immer ein Beispiel, das Wasser auf meine Mühlen ist. Davon sollten wir als Gesellschaft aber abkommen. Wenn etwas sinnvoll und schlau ist, von den Kunden gewünscht ist oder ihnen «verkauft» werden kann, soll man etwas machen», so Ueli Jäger.

Nachgefragt bei Ueli Jäger

«Bock»: Was spricht aus Ihrer Sicht für oder gegen eine synthetische Eisbahn für die KSS?

Ueli Jäger: Synthetisches Eis ist ein Eisersatz. Dieser kommt in der Schweiz erst punktuell für Einzeltrainings oder temporär bei Veranstaltungen, aber nicht für den längerfristigen, öffentlichen Eislauf, Mannschaftstrainings und Wettkämpfe zum Einsatz. Wir zählen heute pro Jahr im Eispark fast 70 000 Besuchende: Die Mehrheit wünscht sich richtiges Eis. Die Bedürfnisse unserer Gäste, aber auch die Reglemente der Eissportverbände sehen noch kein synthetisches Eis vor. Trotzdem beobachten wir den Markt laufend, tauschen uns innerhalb der Branche aus und sehen, was andere machen.

Das Betreiben einer synthetischen Eisbahn benötigt keinen Strom. Wie bewerten Sie diesen Punkt in Bezug auf die Energiekrise?

Jäger: Das tönt natürlich verlockend. Zentraler finde ich aber einerseits die Kundenbedürfnisse und andererseits, wie die eingesetzte Energie verwendet beziehungsweise weiterverwendet wird. Ein Rechencenter erbringt auch eine von uns allen konsumierte Leistung und braucht dafür sehr viel Energie. Die Frage ist nun, was wir mit der produzierten Abwärme anstellen; über 90 Prozent der reingesteckten Energie kommt beim Rechenzentrum «hinten» ja als Wärme wieder raus. Genau gleich ist es bei der KSS. Die bei der Eisaufbereitung entstehende Abwärme wird schon heute teilweise weiterverwendet.

Grosses Einsparungspotenzial soll es auch bei Wasserverbrauch und Unterhaltskosten geben. Inwiefern fliessen solche Gedanken in Ihre Entscheidung mit ein?

Jäger: Diese Gedanken fliessen selbstverständlich in unsere Betrachtungen ein. Es bestehen aber insbesondere für grössere Anlagen noch keine unabhängigen Erkenntnisse. Unsere Branche ist in diesem Bereich noch skeptisch; insbesondere was die Unterhaltskosten anbelangt. Schlussendlich geht es aber auch um die Amortisation der Anschaffung. Ein ganzes synthetisches Eisfeld kostet rund 600 000 Franken. Wir gehen bei einer intensiven Nutzung von einer Lebensdauer von weniger als zehn Jahren aus.

Gabriella Coronelli, Schaffhausen24