Gerade kürzlich ploppte eine Meldung in der Facebook-Gruppe «Du bist ein Schaffhauser, wenn…» auf, in der eine Person nach einer geeigneten Lokalität für ein Geburtstagsfest suchte. Die Antworten glichen sich, denn viele schlugen die Funkerhütte vor. «Sicher über 10 000 Schaffhauserinnen und Schaffhauser haben diese Hütte in ihrem Leben mindestens einmal besucht. Sei es für ein Fest oder an einem Konzertabend», erzählt Heiner Egli, zusammen mit Michael Rüedel «Tätschmeister» dieses schmucken Ortes. Etwas abseits steht das Gebäude, im hinteren Mühlental beim ehemaligen Logierhaus.
Grosse Anfrage
Der Töffclub «Rain Riders» musste sein Gambrinus-Lokal an der Adlergasse in Feuerthalen aufgeben und genoss in der Funkerhütte Gastrecht. Der Verein «CB-Funk-Club Jsar» war inaktiv und bot den «Rain Riders» an, das Gebäude zu übernehmen. Seit April 2017 hegt und pflegt ein familiäres Team rund um Heiner Egli nun das Lokal mit viel Herzblut. Von Geburtstagsfesten, Clubtreffs bis zu Konzertabenden wird da alles geboten. «In den Sommermonaten führen wir normalerweise ein bis zwei Openairs durch, im Winter wollen wir drinnen Open Stages anbieten», berichtet Egli über seine Pläne und ergänzt: «Zudem besteht eine riesige Anfrage, sodass ich die Hütte praktisch das ganze Jahr über vermieten könnte.»
Warum Heiner Egli im Konjunktiv spricht, hat einen triftigen Grund. Während die Meldung der Stadt Schaffhausen am 13. Februar mit der Bekanntgabe des Siegerprojekts «Hof Berslingen» zur Realisierung des neuen «Magazin Birch» medial unter dem Radar durchschlüpfte, sorgte dafür zwei Tage später dicke Post für grossen Aufruhr. «Infolge dringender Erstellung einer Holzschnitzelheizungsanlage seitens der SH Power», wie es in diesem Schreiben heisst, erhielt Egli nicht nur die Kündigung per Ende Juni; gleichzeitig scheint beschlossene Sache, dass die Funkerhütte abgerissen wird. Zu allem Bedauern soll diese Zentrale lediglich als Provisorium dienen, dabei sind weitere Details, wie der Baustart, noch gar nicht definiert. Frühestens Frühjahr 2024, heisst es, soll der Spatenstich für den «Hof Berslingen» erfolgen.
Einst in der Pfrundhausgasse
Es ist übrigens nicht der erste Standort der Funkerhütte. Ursprünglich stand sie an der Pfrundhausgasse und diente als Sanitätsunterkunft für Flüchtlinge und Bedürftige, später als Lokal des Samaritervereins. Als 1984 beschlossen wurde, dass an diesem Standort ein Park entstehen soll und die baufällige, mittlerweile als Baracke bezeichnete Hütte wegmüsse, wurde dem Verein «CB-Funk-Club Jsar» das Gebäude komplett überlassen. Freiwillige bauten es mit Tausenden an Fronstunden eigenhändig ab, verstauten die einzelnen Elemente bei sich zuhause in Garagen und Schöpfen, bis das grüne Licht erfolgte, vis-à-vis des ehemaligen Logierhauses das Ganze wieder aufzubauen.
Mietrecht über 99 Jahre?
Das Lokal wurde nach einjährigem Bau am Freitag, 16. August 1985, mit einem ausgiebigen Fest eingeweiht. Andy Hoppe alias «Sputnik78» erinnert sich: «Die Hütte ist etwas kleiner als noch in der Pfrundhausgasse, weil der hintere Teil abgefault war. Aber das war unser kleines Paradies, hier fanden so viele Anlässe statt.» Der CB-Funk hatte damals Hochkonjunktur, war eines der Lieblingsspielzeuge der Erwachsenen. «Bis die Handys kamen, danach war unser Hobby praktisch tot, der Verein wurde inaktiv», berichtet Hoppe und ergänzt: «Es existierte ein Vertrag, dotiert über 99 Jahre Mietrecht in der Funkerhütte. Allerdings ist der Kontrakt seit dem Hinschied des ersten Präsidenten nicht mehr auffindbar».
Damit die Funkerhütte weiter bewirtschaftet werden konnte, wurden wieder regelmässig Veranstaltungen durchgeführt. Dies dank den «Rain Riders», die mit CBC Jsar eine Kollaboration vereinbarten. «Die von der Stadt hatten weniger Freude und darum gab es da mal Diskussionen», erinnert sich Hoppe. Auch Heiner Egli hat diesen Konflikt noch präsent, in den sie mit dem Immobilienverantwortlichen der Stadt Schaffhausen gerieten. «2019 wurde uns gekündigt, doch dank politischer Intervention wurde dies wieder zurückgezogen», berichtet Egli. Der Mietvertrag wurde neu aufgesetzt, aber man spürte offenbar, dass man nur noch geduldet war.
Kleine Anfrage eingereicht
Heiner Egli dachte zuerst an einen bösen Scherz, er reagierte dennoch blitzschnell, als er nun die erneute Kündigung erhielt. Er telefonierte sich durch den Behördendschungel und studierte alle Modelle des «Magazin Birch». Die Funkerhütte war beim Siegerprojekt schon gar nicht mehr Bestandteil der Planungen. Er fragt sich, ob die Verantwortlichen nicht auch eine Bestandesaufnahme des gesamten Geländes gemacht haben, um festzustellen, dass es andere geeignetere Orte gäbe, um eine Heizungszentrale zu installieren, die zu allem auch nur provisorisch aufgebaut werden soll.
Egli trat mit Grossstadtrat Marco Planas in Kontakt, der sich über die Situation ebenfalls ein Bild machte und sich dieselben Fragen stellt. Die Funkerhütte biete der Schaffhauser Bevölkerung einen Mehrwert, ist stadtnah und doch genug weit weg vom Zentrum, um bei allfälligen Lärmemissionen niemanden zu stören. So reichte Planas am 9. März eine Kleine Anfrage ein, mit der Hoffnung, damit zur Rettung der Funkerhütte beizutragen. Zeitgleich rekurrierte der Mieter gegen die Kündigung. «Wir planen auf den 1. April noch ein Doppelkonzert, danach ist es aufgrund der fehlenden Planungssicherheit nicht möglich, weitere Veranstaltungen in Aussicht zu stellen», hadert Egli auf die Frage, wie es denn nun weitergehen soll. Und solange die Kleine Anfrage nicht beantwortet ist, können auch die Gegenparteien keine Stellung zum «Fall Funkerhütte» beziehen. Doch eines scheint klar: Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses versöhnlich klingt.