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Schaffhausen
15.05.2023
15.05.2023 16:32 Uhr

Auf den Spuren einer Fee

Ist vor etwas mehr als einem Jahr nach Schaffhausen gezogen: Katerina Navratilova arbeitet als Putzfee und unterstützt private Haushalte bei der Reinigung.
Ist vor etwas mehr als einem Jahr nach Schaffhausen gezogen: Katerina Navratilova arbeitet als Putzfee und unterstützt private Haushalte bei der Reinigung. Bild: Gabriella Coronelli, Schaffhausen24
Katerina Navratilova liebt Sauberkeit und Ordnung. Nicht nur in ihren eigenen vier Wänden. Was für viele ein lästiges Muss ist, übt die 47-Jährige mit Leichtigkeit beruflich aus. Die Haushaltshilfe erzählt im Interview mit dem «Bock», warum sie Putzfee ist, wie ihre Arbeitstage aussehen und warum sie diesen Beruf ausübt.

Die gebürtige Tschechin hat in vielen unterschiedlichen Ländern gelebt und gearbeitet. In Belgien, England, Spanien und Deutschland war sie in der Gastronomie, im Lebensmittel-Grosshandel oder in der Logistik tätig. In ihrem Heimatland auch über mehrere Jahre als Immobilienmaklerin. Im vergangenen Jahr kam Katerina Navratilova nach Schaffhausen. «Ich wollte schon immer in der Schweiz wohnen», gibt sie im Interview mit dem «Bock» an. «Womit ich allerdings nicht rechnete, ist die Tatsache, dass sich die Arbeitssuche hier so schwierig gestalten wird». Obschon sie viele Jahre Berufserfahrung in verschiedenen Branchen hat, nahm sie, um in der Schweiz leben zu dürfen, einen Job an, welchen sie nicht unbedingt als ihren Traumberuf bezeichnet. «In erster Linie war es für mich wichtig, überhaupt eine Arbeitsstelle zu haben», erinnert sie sich zurück. «Ich nahm damals den Job als Haushaltshilfe nur an, um mich in der Schweiz ordentlich anmelden zu dürfen.» Ihr Plan sah vor, dass sie sich, nachdem sie sich in Schaffhausen eingelebt hätte, um eine andere Anstellung kümmern würde. «Ich habe in Deutschland als Teamleiterin in der Lagerlogistik gearbeitet. Das bereitete mir sehr grossen Spass. Ich wollte auch in der Schweiz unbedingt diesen Beruf ausüben.» Dass ihre diesbezüglichen Zertifikate und Zeugnisse hierzulande jedoch nicht anerkannt sind, war ihr zu jener Zeit nicht bewusst.

Hohe Qualitätsansprüche

Bewegung spielt für Katerina Navratilova in privater wie auch beruflicher Hinsicht eine grosse Rolle. Sie treibt gerne und viel Sport und wünscht sich entsprechend auch für ihren Berufsalltag möglichst körperlich aktiv zu sein. «Ich war 1991 tschechische Meisterin im Schmetterlingsschwimmen über 200-Meter», sagt die sportliche zweifache Mutter sichtlich stolz. Noch heute geht sie ihrer Leidenschaft nach und schwimmt regelmässig in der KSS ihre Bahnen. «Auch wenn ich als Haushaltshilfe nicht meinen Traumberuf ausübe, so bin ich dabei dafür immer in Bewegung», schmunzelt Katerina Navratilova. Sie ist für die Reinigung verschiedener Wohnungen und Häuser zuständig. Manche Haushalte putzt sie schon, seit sie in der Schweiz angekommen ist. Mit einem Teil der Kund:innen hat sich in der Zwischenzeit ein persönliches Verhältnis entwickelt, andere wiederum hat sie noch nie zu Gesicht bekommen. «Ich komme zum vereinbarten Zeitpunkt an, öffne mit dem mir anvertrauten Schlüssel die Türe, erledige meine Arbeit und gehe dann wieder.» Sie betont mehrmals, dass sie einen hohen Anspruch an ihre Arbeit hat: Egal, was für eine Tätigkeit es ist. «Ich stehe immer zu dem, was ich tue, und versuche das Beste daraus zu machen», bestätigt sie und ergänzt: «Einfach nur rumzusitzen ist keine Option für mich.»

«Ich stehe immer zu dem, was ich tue, und versuche das Beste daraus zu machen.»
Katerina Navratilova

Zertifikate nicht anerkannt

Die sportliche 47-Jährige träumt davon, auch in der Schweiz als Mitarbeiterin in der Lagerlogistik zu arbeiten, und bewirbt sich regelmässig auf ausgeschriebene Stellen. Bis jetzt gab es nur Absagen. Meistens mit der Begründung, dass die eingereichten Diplome in der Schweiz keine Gültigkeit haben. Oder es folgt das vielgelesene «Wir melden uns», worauf allerdings selten tatsächlich eine Rückmeldung erfolgt. «Manchmal bekomme ich gar keine Antwort, was ich sehr schade finde», erzählt Katerina Navratilova. Sie gebe aber nicht auf und ist sich sicher, dass es eines Tages klappt. «Ich müsste meinen in Deutschland zugelassenen Staplerschein in der Schweiz wiederholen. Dazu fehlen mir allerdings die finanziellen Mittel», erklärt sie. «Vielleicht habe ich Glück und ich kann wenigstens einmal bei einem Probearbeiten mein Können zeigen.» Besonders wichtig ist ihr bei der Arbeit der Kontakt zu Menschen. Sie ist allein in die Schweiz gezogen, ihre Familie wohnt in Tschechien. In der Regel sehe sie ihre erwachsenen Kinder und weitere Familienangehörige zweimal im Jahr. Auch bei der Arbeit bekommt sie selten Gesichter zu sehen. «Manchmal fühle ich mich schon einsam», gibt sie zu. «Aber ich bin eine Kämpferin und gebe nicht so schnell auf.»

Haushaltshilfe anstellen

Wer sich mit dem Gedanken trägt, die Dienste einer Haushaltshilfe zu beanspruchen, findet im Internet eine grosse Auswahl an unterschiedlichen Unternehmen, welche verschiedene Dienstleistungen rund um das Thema Haushaltshilfe anbieten. Wer eine Reinigungskraft privat engagieren will, muss sicherstellen, dass die Anstellung korrekt abgewickelt wird. In der Schweiz müssen für Haushaltshilfen beispielsweise ab dem ersten Arbeitseinsatz Sozialversicherungsbeiträge, wie die AHV, abgerechnet werden. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich für diese administrativen Aufgaben Unterstützung holen. Der «Bock» hat beim Dienstleistungsunternehmen quitt Informationen angefragt. «Wir setzen uns unter anderem für Fairness und Transparenz in der Branche ein», so Andres Roost, Marketingleiter Schweiz von quitt, auf Anfrage. «Privatpersonen können mit den gesetzlichen Anforderungen bei der Anstellung einer Haushaltshilfe zeitlich und inhaltlich überfordert sein. Wir unterstützen, indem wir sämtliche administrativen Aufgaben für private Arbeitgebende übernehmen», gibt der Marketingleiter an. Er ergänzt: «Quitt ist kein Vermittlungsdienst. Unsere Kund:innen suchen die Haushaltshilfe selbst und wir übernehmen dann die Personaladministration.» Gemäss Aussage des Dienstleisters quitt sei die Direktanstellung verglichen mit Agenturen die fairere und transparentere Form der Anstellung. «Putzinstitute verlangen meist hohe Kommissionen zu Lasten des Lohnes der Haushaltshilfe», so Andres Roost. 

Im Kanton Schaffhausen nehmen gemäss eigenen Angaben rund 70 aktive Kund:innen die Dienstleistungen von quitt in Anspruch. Katerina Navratilova ist eine davon, beziehungsweise ihre Arbeitgebenden. «Meine Arbeitgebenden übergeben mir jeweils die Lohnabrechnungen und -ausweise. So weiss ich, dass ich gesetzeskonform meiner Arbeit nachgehe». Katerina Navratilova zeigt sich erleichtert, dass sie sich in Bezug auf ihre Arbeit nicht mit solchen administrativen Gegebenheiten auseinandersetzen muss und versichert sein kann, korrekt angestellt zu sein. Denn obschon sie sehr gut Deutsch spricht, kann ohne entsprechendes Fachwissen schnell einmal ein Gesetz verunreinigt werden. Putzfimmel hin oder her.  

Gabriella Coronelli, Schaffhausen24