Das Testament wurde eröffnet und zugestellt, der amtliche Inventarfragebogen wurde unterzeichnet. Es ist somit klar, dass der Ehemann die Hälfte des Nachlasses bekommt, die Kinder je einen Viertel und die Enkel ein Vermächtnis von je 5000 Franken. Doch wer ist jetzt zuständig? Wer bestimmt, wer was effektiv übernimmt? Wer bekommt das Barvermögen, wer die Wertschriften und wer übernimmt das Grundeigentum? Diese Fragen und Aufgaben betreffen alle die Erbteilung, und wenn nichts Genaueres verfügt wurde, müssen die Erbberechtigten sich untereinander einigen.
Grundsätzlich hört sich unser Beispiel einfach an, solange man davon ausgeht, dass sich die Erben gut vertragen und genügend flüssiges Vermögen vorhanden ist. In der Praxis ist es jedoch oft so, dass der Hauptteil des Nachlassvermögens die Liegenschaft bildet. Wird diese in unserem obigen Beispiel vom Ehemann bewohnt, finden die Kinder meist schnell, dass ihr Vater die Liegenschaft (wenn nicht sogar die gesamte Erbschaft) behalten soll. Auf die Frage, was dann aber mit ihrem Erbteil geschehen sollte, wenn der Vater nochmals heiratet oder in ein Alters- oder Pflegeheim übersiedelt, antworten die Kinder dann aber meist nicht so schnell. Wenn sie nämlich gänzlich und vorbehaltlos auf ihren Erbteil verzichten, würde das Eigentum vollumfänglich an ihren Vater übergehen. Verkauft er die Liegenschaft zu einem späteren Zeitpunkt, kann er mit dem Erlös machen, was er will. Muss er hohe Pflegekosten im Alter zahlen, kann es sein, dass die dereinstigen Erbteile der Kinder aufgebraucht werden. Statt vollumfänglich auf ihre Erbteile zu verzichten, bestehen auch andere Möglichkeiten. Beispielsweise die Teilung aufzuschieben oder die Erbteile der Kinder auszurechnen und als Darlehen beim Vater bis zu dessen Ableben zu belassen. In einem Erbteilungsvertrag können die Erbberechtigten die Auszahlung der Erbteile beziehungsweise die Fälligkeit der Darlehen an gewisse Ereignisse knüpfen, beispielsweise an eine Wiederverehelichung oder den Verkauf der Liegenschaft.
Jede Vermögenssituation und Familie ist anders. Zwar ergeben sich bei der privaten, einvernehmlichen Erbteilung unzählige Möglichkeiten. Scheitert aber die Einigung, bleibt nur der teure, langwierige Rechtsweg.