Rund 30 Prozent der Gemeinden in der Schweiz nutzen mindestens einen Social-Media-Kanal, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten. Dies zeigt die «quantitative Studie zur Präsenz der Schweizer Städte und Gemeinden in den wichtigsten Social-Media-Kanälen» der Gromann Partner GmbH, welche Anfang dieses Jahres erschien. «Wir beschäftigen uns mit dem Thema Gemeindekommunikation, wozu auch Social Media gehört», erzählt Luzia Mattmann, mit Thomas Gromann Coautorin der Studie. «Dabei haben wir festgestellt, dass zum Thema Social Media in Bezug auf Gemeinden noch kaum Daten existieren. Diese Lücke wollten wir mit der vorliegenden Studie schliessen.» Die Datenerhebung der insgesamt 2136 Gemeinden erfolgte innerhalb von 4 Wochen, wobei die vier Social-Media-Kanäle Facebook, Instagram, LinkedIn und Tiktok berücksichtigt wurden. Kanäle, welche hauptsächlich für touristische Zwecke genutzt werden, flossen nicht in die Auswertung mit ein.
Der Röstigraben
«Uns hat überrascht, dass weniger als ein Drittel der Gemeinden einen Social-Media-Account besitzt – während in der Gesamtbevölkerung doch ungleich viel mehr Menschen, genauer gesagt 72 Prozent, auf den sozialen Medien aktiv sind», erklärt die 42-jährige Medienwissenschaftlerin Luzia Mattmann. Weiter überraschte der eindeutige Röstigraben, der sich bei der Auswertung abzeichnete: Insbesondere bei Facebook und LinkedIn sind die Westschweizer Gemeinden deutlich aktiver als jene in der Deutschschweiz. «Der Röstigraben zieht sich auch quer durch Kantone, wie wir zum Beispiel in Freiburg feststellten. In den deutschsprachigen Gemeinden nutzen nur 7,4 Prozent Facebook, im französischen Teil hingegen 22,2 Prozent», so Luzia Mattmann. Für einen möglichen Erklärungsversuch benötigt es einen Blick über die Grenze: Was sich im Tessin zeigt, lässt sich in Italien und Frankreich im Grossen beobachten. Eine italienische Studie zeigt, dass 93 Prozent der italienischen Städte mindestens auf einer Social-Media-Plattform aktiv sind. In Frankreich waren es ebenfalls 92 Prozent aller Städte mit 20 000 bis 100 000 Einwohner:innen.
Social Media im Kanton Schaffhausen
Doch wie sieht die Nutzung von Social Media bei den Gemeinden im Kanton Schaffhausen aus? Von den insgesamt 26 Gemeinden nutzen nur 4 Gemeinden mindestens einen Social-Media-Account. Dies entspricht 15,4 Prozent aller Gemeinden im Kanton, was deutlich unter dem Schweizer Durchschnitt liegt. Dazu gehören die Profile von Schaffhausen, Neuhausen, Stetten sowie Stein am Rhein. Die Stadt Schaffhausen verfügt über einen Instagram- und einen Facebook-Kanal, welche von der Stabsstelle Kommunikation befüllt und bewirtschaftet werden. Der LinkedIn-Kanal hingegen wird vom HR der Stadt geführt. «Social Media ist in der heutigen Zeit unabdingbar für transparente, moderne Kommunikation einer Stadtverwaltung geworden», begründet Samira Taghizadegan, Fachspezialistin Multimedia Production und Mitarbeiterin der Stabsstelle Kommunikation, die Präsenz der Stadt Schaffhausen auf Social Media. In Neuhausen übernimmt Sarah Dubs, Fachfrau Kommunikation, den Instagram- und den LinkedIn-Kanal, welche erst seit Juli 2023 existieren. «Unser Instagram-Account steckt zurzeit noch in den Kinderschuhen und wächst stetig», sagt Sarah Dubs. «Bereits jetzt können wir uns aber über Interaktion mit unseren Followern freuen und sehen so, dass bei der Bevölkerung grosses Interesse besteht, über die Geschehnisse in ihrer Gemeinde informiert zu bleiben.» Adrian Horat, Betreiber des Instagram-Kanals der Gemeinde Stetten, sieht die Wichtigkeit vor allem in der Erreichbarkeit: «Wir sprechen in kurzer Zeit einen Teil der Bevölkerung an, den wir mit herkömmlichen Medien nicht erreichen würden.»
Nutzung der Kanäle
Auch beim Gebrauch der verschiedenen Plattformen hebt sich der Kanton Schaffhausen im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt ab: Während Facebook in anderen Kantonen zum Spitzenreiter gehört, nutzen Gemeinden im Kanton Schaffhausen vermehrt Instagram und LinkedIn. Dies hat auch seine Berechtigung, denn die befragten Gemeinden stuften Instagram als wichtigste Plattform ein. «Für die Stadt Schaffhausen ist Instagram im Vergleich zu Facebook die stärkere Plattform», bestätigt auch Samira Taghizadegan. «Auf Instagram haben wir mehr Follower und mehr Reichweite.» Genau diese Reichweite sieht Luzia Mattmann als grossen Vorteil, denn mit Social Media haben sie über das Smartphone den direktesten Draht zur Bevölkerung. «Mit Social Media kann sich eine Gemeinde nahbarer machen und als attraktive Arbeitgeberin positionieren, indem sie zum Beispiel einen Blick hinter die Kulissen erlaubt und Mitarbeitende zu Wort kommen lässt», betont Luzia Mattmann. Genau das macht auch die Stadt Schaffhausen. Auf ihren Kanälen werden langjährige Mitarbeitende der Stadt interviewt und geben Einblicke in verschiedene Arbeitsbereiche. Auf LinkedIn werden konkret neue Mitarbeitende rekrutiert. Weiter informieren sie über Projekte, anstehende Events und Legislaturschwerpunkte. Auch Gewinnspiele und Verlosungen sind auf den Kanälen zu finden. Da sich die Zielgruppen auf Facebook und Instagram unterscheiden, publiziert die Stadt Schaffhausen jeweils andere Inhalte. «Auf Instagram verfolgen wir aktuelle Trends und versuchen unter anderem mit humorvollen Reels ein jüngeres Publikum anzusprechen.», erläutert Samira Taghizadegan. «Auf Facebook hingegen werden auch Traktandenlisten der Sitzungen des Grossen Stadtrats veröffentlicht.» Um die verschiedenen Zielgruppen auch richtig anzusprechen, wird das Publikum auf Facebook gesiezt und auf Instagram geduzt. Wie die Stadt Schaffhausen nutzen Neuhausen und Stetten ihren Instagram-Account, um aktuelle Informationen zu streuen. «Social Media gibt uns die Möglichkeit, Aktuelles schneller und unkomplizierter zu teilen», berichtet auch Sarah Dubs, Betreiberin des Instagram- und LinkedIn-Accounts von Neuhausen. «Auf Instagram teilen wir kurzfristige Themen sowie aktuelle Gemeindeprojekte. Auf LinkedIn veröffentlichen wir hauptsächlich nur Letzteres.»
Strategie ist entscheidend
«Für Gemeinden lohnt sich ein Social-Media-Account nur, wenn der Media-Auftritt in einem Kommunikationskonzept eingebettet ist», erklärt die Medienwissenschaftlerin Luzia Mattmann. «Es bringt wenig, einen Account zu eröffnen und dann einfach planlos oder nur selten zu posten.» Da die Gemeinde Neuhausen noch nicht lange auf den sozialen Plattformen präsent ist, versucht sie momentan den Account längerfristig auszubauen, um noch mehr Bewohner:innen zu erreichen. Die Stadt Schaffhausen verfolgt hingegen schon eine klare Strategie, wie Samira Taghizadegan dem «Bock» mitteilt: «Wichtig ist uns, dass wir möglichst auf dem neusten Stand sind, Trends beobachten und die Insights analysieren, um Schlüsse daraus zu ziehen.» Die Gemeinde Stetten setzt bei der Strategie vor allem auf zielgerichtete Posts.
Altbewährte Kommunikationsmittel
Obwohl Social Media bei den befragten Gemeinden eine wichtige Rolle spielt, setzen sie immer noch auf altbewährte Kommunikationsmittel. Die Stadt Schaffhausen nutzt wie Neuhausen immer noch die Webseite sowie Medienmitteilungen, um aktuelle Themen zu kommunizieren. Auch Zeitungen sind noch im Gebrauch: In Neuhausen erscheinen viermal jährlich die «Neuhuuser News» und in Stetten erhalten die Bewohner:innen ebenfalls eine Dorfzeitung. In Zukunft wollen die Stadt Schaffhausen sowie die Gemeinde Neuhausen auf Social Media noch mehr wachsen und ihre Präsenz auf den sozialen Plattformen erhöhen. «Ich denke, dass Stetten als kleine Gemeinde schon sehr aktiv auf Instagram ist und wir die Präsenz nicht erhöhen müssen», widerspricht Adrian Horat jedoch den anderen Gemeinden.
Aktuell, schnell und erreichbar
Abschliessend lässt sich sagen, dass sich Social Media mit einem durchdachten Konzept für alle Gemeinden sicherlich lohnen kann. In puncto Aktualität, Schnelligkeit und Erreichbarkeit hebt sich Social Media gegenüber anderen Kommunikationsmitteln deutlich ab. Social Media kann genutzt werden, um die Bewohner:innen auf aktuelle Themen, Arbeitsstellen, Gemeindeprojekte und politische Diskussionspunkte aufmerksam zu machen. Zudem spricht man das jüngere Publikum an, welches mit altbewährten Kommunikationsmitteln nicht zu erreichen wäre. «In den letzten Jahren haben immer mehr Gemeinden auf digitale Kommunikation gesetzt, weil sie so mit ihrer Zielgruppe in Kontakt treten», sagt Luzia Mattmann. «Wenn Social Media in Zukunft noch verbreiteter ist, werden vermutlich auch immer mehr Gemeinden auf diesen Kanälen aktiv sein.»