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Politik
16.09.2025

Kann die E-ID nun punkten?

Wird nun eine E-ID eingeführt?
Wird nun eine E-ID eingeführt? Bild: Salome Zulauf, Schaffhausen24
Bereits zum zweiten Mal stimmt das Schweizer Stimmvolk über ein E-ID-Gesetz auf nationaler Ebene ab. 2021 wurde die Vorlage abgelehnt, weil die elektronische Identität damals von privaten Herausgebern vorgesehen war. Mit dem neuen Gesetz soll die Verantwortung nun ausschliesslich beim Bund liegen.

Wer sich künftig im Internet bewegt, soll sich digital ausweisen können – etwa beim Kauf von alkoholischen Getränken oder bei der Eröffnung eines neuen Bankkontos. Am 28. September entscheidet das Schweizer Stimmvolk über ein neues E-ID-Gesetz, das vom Bundesrat und Parlament vorgeschlagen wurde. Die Idee einer elektronischen Identität ist aber nicht neu: Bereits im März 2021 kam eine Vorlage an die Urne. Sie scheiterte jedoch deutlich, weil die Herausgabe durch private Anbieter vorgesehen war. Das Parlament will die Verantwortung für die E-ID nun dem Bund übertragen. Dieser soll die E-ID ausstellen, das System betreiben und den Schutz der Privatsphäre sowie die Datensicherheit gewährleisten. Gegen dieses Bundesgesetz wurde das Referendum ergriffen, weshalb das Stimmvolk nun erneut darüber abstimmt.

Ist die E-ID laut dem Bund sicher?

Mit der E-ID könnten sich Bürgerinnen und Bürger ab frühestens Mitte 2026 gegenüber Behörden und Unternehmen digital ausweisen. Dabei dürften Unternehmen jedoch nur jene Angaben einsehen, die sie für eine bestimmte Dienstleistung oder einen Kauf tatsächlich benötigen, wie beispielsweise das Alter zur Überprüfung der Volljährigkeit. Alle weiteren persönlichen Daten blieben für sie verborgen. Die Nutzung der E-ID soll freiwillig sein und ist kostenlos. Gleichzeitig betont der Bund, dass sämtliche Dienstleistungen auch weiterhin analog verfügbar bleiben, für jene Personen, die in zukunft nicht die E-ID benutzen wollen. Die E-ID wird mit einem Smartphone verknüpft. 

Pro und Contra

Während Befürwortende unter anderem betonen, dass eine E-ID in der heutigen Zeit notwendig sei, um im digitalen Wandel international mithalten zu können, weisen die Gegnerinnen und Gegner auf mögliche Risiken hin. Sie argumentieren, dass die sensiblen Daten der Nutzerinnen und Nutzer missbraucht werden könnten, beispielsweise für unautorisierte Profilierungen oder den Zugriff durch Dritte. Befürworterinnen und Befürworter entgegnen, dass die Verantwortung nun beim Bund liege, der die E-ID ausstelle, das System betreibe und gleichzeitig den Datenschutz sowie die Privatsphäre umfassend gewährleiste. So sollen die Vorteile einer digitalen Identität genutzt werden können, ohne dass die Sicherheit der persönlichen Daten gefährdet wird.

Pro: Marcel Montanari, Regierungsrat FDP

 

«Bock»: Wo sehen Sie die wichtigsten Vorteile, wenn das E-ID-Gesetz in der Schweiz eingeführt wird?

Marcel Montanari: Die E-ID ist für uns ein wichtiger Schritt in Richtung kundenfreundlicher Digitalisierung. Künftig sollen viele Behördengänge durch digitale Eingaben via Internet ersetzt werden. Dies setzt aber voraus, dass die Behörden wissen, von wem ein Antrag eingereicht wird. Hierzu brauchen wir eine digitale Identifikation. Zudem ermöglicht die E-ID auch privaten Händlern eine Alterskontrolle, zum Beispiel wenn sie alkoholische Getränke via Versandhandel verkaufen. Insgesamt erhoffe ich mir einen einfacheren und sichereren Online-Zugang zu öffentlichen und privaten Dienstleistungen, eine verbesserte Cybersicherheit, eine effizientere Bekämpfung von Betrug, weniger Bürokratie und die Möglichkeit, persönliche Daten nur selektiv preiszugeben.

Kann die Schweiz durch die Einführung der E-ID wirtschaftlich einen stärkeren Stellenwert in Europa erhalten?

Montanari: Eine unkomplizierte und schnelle Identifikation und Alterskontrolle kann zahlreiche Prozesse vereinfachen und beschleunigen. Das führt zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

Kritiker argumentieren, dass mit der Einführung der E-ID der Datenschutz nicht mehr gewährleistet sei. Wie beurteilen Sie dieses Argument?

Montanari: Die E-ID-App hält, soweit ich das überblicken kann, die geltenden Datenschutzbestimmungen ein. Selbstverständlich gibt es aber nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Das muss man individuell abwägen. Der Entscheid die E-ID zu nutzen, ist jedem selbst überlassen. Die Nutzung der E-ID ist freiwillig. Sicher ist, dass grösste Bemühungen unternommen werden, damit die Systeme möglichst sicher sind. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass viele Daten dezentral gespeichert werden und daher nicht einfach gestohlen werden können.

Es ist bereits die zweite Vorlage, über die das Schweizer Stimmvolk zur E-ID abstimmt. Beim ersten Mal wurde sie abgelehnt. Weshalb könnte es diesmal zu einem Ja kommen?

Montanari: Das erste E-ID-Gesetz wurde an der Urne am 7. März 2021 abgelehnt. Damals wurde kritisiert, dass ein Verbund aus Privatunternehmen die E-ID hätte ausstellen sollen. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Die E-ID wird ausschliesslich durch den Bund ausgestellt. Somit fällt dieses Gegenargument nun weg.

 

Kontra: Benjamin Salzmann, SVP Schaffhausen

 

«Bock»: Befürwortende Parteien argumentieren, dass das E-ID-Gesetz den Wirtschaftsstandort Schweiz stärken würde. Was entgegnen Sie diesem Argument?

Benjamin Salzmann: Das scheint mir ein weit hergeholtes Argument. Wenn man den Wirtschaftsstandort Schweiz tatsächlich fördern möchte, dann würde man besser bei der ausufernden Bürokratie und Regulierung ansetzten. Da wären die Effekte und der Bedarf grösser. Und es gäbe eigentlich auch Mehrheiten in Bern. 

Wo sehen Sie die grössten Probleme, falls das E-ID-Gesetz angenommen wird?

Salzmann: Das Gesetz schafft die Grundlage, dass der Staat via Gesetze weitere Dinge mit der ID verknüpfen könnte- auch unverhältnismässig oder anmassend. Nicht unmöglich wäre bei wechselnden Mehrheiten beispielsweise eine Art CO2 Konto. Von solchen Ideen hört man immer wieder. Dass der Staat sehr stark eingreifen kann, zeigte uns die Covidzeit. Weiter gab es auch schon massive Übertretungen von Behörden. Man denke an den Fichenskandal. Wir reden also nicht von Theorie, sondern von bereits geschehenen Ereignissen, aber noch ohne Mittel wie der E-ID, die ganz neue Möglichkeiten eröffnen kann. Es gilt also bereits im Vorfeld die Gefahr eines zukünftigen möglichen Missbrauchs auszuschliessen. 

Noch konkreter sehe ich die Gefahr, dass eigentlich unliebsame Neuerungen, Anpassungen und Verknüpfungen auf Gesetztes- und Verordnungsebene im Parlament einfach durchrutschen. Gerade auch deshalb, weil sich in der Verwaltung in Bern ein gewisses Eigenleben entwickelt hat. Man denke nur an die kürzliche Anpassung bei den Fahndungskriterien des Fedpol mit weitreichenden Folgen für kantonale Polizeikorps bei der Fahndung. Einfach am politischen Prozess vorbei und ohne Einbezug der Kantone abgeändert.

Die Technologie entwickelt sich weltweit rasant. Wie reagieren Sie auf die Aussage, dass die Schweiz ohne E-ID gegenüber anderen Ländern im Nachteil sei?

Salzmann: Die technologische Entwicklung basiert nicht darauf, ob der Staat eine E-ID einführt, oder nicht. Das findet anhand von Wettbewerb, Kreativität, und Unternehmertum statt. Ich finde es daher viel besser, wenn die Kantone selber Systeme entwickeln, wie das bereits der Fall ist. Das gibt einen Wettbewerb und man kann sich interkantonal austauschen. Das scheint mir dann näher an den Bedürfnissen der Bevölkerung zu sein, als was sich Bundesbern ausdenkt. Zudem wirkt Dezentralisierung gut gegen Missbrauch und den Kantonen kann man als Bevölkerung besser auf die Finger schauen, als im fernen Bundesbern.

Benjamin Salzmann (l.) und Marcel Montanari über das E-ID-Gesetz. Bild: zVg.
Salome Zulauf, Schaffhausen24