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Essen & Trinken
14.10.2025

Auf der Pilzsuche

Ruth Bänziger ist leidenschaftliche Pilzkontrolleurin.
Ruth Bänziger ist leidenschaftliche Pilzkontrolleurin. Bild: Salome Zulauf, Schaffhausen24
Es ist Pilzsaison. In den Wäldern spriessen die Hüte und viele Pilzfreunde machen sich mit Körbchen auf die Suche. Doch Vorsicht: Nicht alles, was appetitlich aussieht, ist auch geniessbar. Pilzkontrolleurin Ruth Bänziger erklärt worauf man achten muss.

Kurz vor 17 Uhr, am vergangenen Donnerstag, bei der Freizeitanlage Dreispitz in Herblingen: In wenigen Minuten öffnet die amtliche Pilzkontrolle. Vor dem roten Gebäude bildet sich langsam, aber sicher eine kleine Schlange. Pilzsammlerinnen und Pilzsammler mit Körben und Papiersäcken, darin die heutige Ausbeute aus dem Wald. Drinnen warten bereits Ramin Cheybani und Ruth Bänziger, die amtlichen Pilzkontrolleure. Mit geschultem Blick prüfen sie jeden Fund auf Essbarkeit und Qualität.

Eine Familie voller Pilzfreude

Ruth Bänziger ist seit vielen Jahren Leiterin der amtlichen Pilzkontrolle Schaffhausen. «Meine Eltern waren beide Pilzkontrolleure, sie haben mir die Freude am Pilzsuchen weitergegeben», erzählt die Schaffhauserin. «Mit 22 Jahren habe ich dann selbst die Prüfung zur Pilzkontrolleurin abgelegt und bin seither aktiv, auch in der Pilzkontrolleurenvereinigung VAPKO (Schweizerische Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane) war ich viele Jahre im Vorstand.» Bis heute macht ihr die Arbeit grossen Spass. «Ich gebe mein Wissen gerne weiter, sei es in Kursen oder direkt bei den Kontrollen.» Was das Pilzsuchen für sie ausmacht? «Alles! Meine Mutter hat mir einmal etwas sehr Schönes gesagt: Pilzsuchen macht dreimal Freude – zum ersten Mal beim Spaziergang im Wald, zum zweiten, wenn man essbare Pilze findet, und schliesslich beim Geniessen der Pilze.» Wenn es im Herbst trocken ist, geht Ruth Bänziger fast täglich selbst in den Wald, um Pilze zu suchen und an Wochenenden auch als Kursleiterin. Ihre Funde konserviert oder trocknet sie anschliessend.

Vorsicht ist besser als Nachsicht

Zurück zur Pilzkontrolle: Kaum geöffnet, herrscht reger Betrieb. Jede Sammlerin und jeder Sammler bringt die Pilze sortiert zur Kontrolle. «Meistens sind sie in Körben, jede Pilzart sauber getrennt in Zeitungspapier gelegt, das ist uns sehr wichtig», erklärt Ruth Bänziger. «Dabei ist zu beachten, dass die Pilze, die der Sammler nicht kennt, vollständig sind, also nicht abgeschnitten. Speisepilze, die der Sammler kennt, soll er sauber über dem Boden abschneiden. Manche giftigen Arten ähneln den Speisepilzen stark und wir können sie nur sicher unterscheiden, wenn wir den ganzen Pilz sehen.» Bei den entsprechenden Pilzarten weisen die Pilzkontrolleure die Sammler darauf hin. Die Funde werden anschliessend einzeln kontrolliert. «Manche bringen auch Arten mit, die sie nicht kennen, wir nennen sie Wissenspilze», sagt die Pilzkontrolleurin. «Auch sie werden separat in Zeitungspapier gelegt, damit kein Bruchstück eines giftigen Pilzes zwischen die essbaren geraten kann.»

Nach der Kontrolle erhalten die Sammlerinnen und Sammler einen Pilzkontrollschein, auf dem die gefundenen Speisepilzarten und deren Gewicht notiert ist. Zudem sind wichtige Hinweise zur Zubereitung auf dem Schein vermerkt. Essbare Pilze dürfen sie wieder mitnehmen, ungeniessbare oder giftige bleiben bei der Kontrolle und werden korrekt entsorgt. «Am häufigsten bringen die Leute grosse, leicht erkennbare Arten wie Steinpilze, Riesenschirmlinge oder Champignons und von den kleineren Pilzen Eierschwämme, Trompetenpfifferlinge oder Totentrompeten», erzählt die Pilzkontrolleurin. Doch gerade bei den Champignons ist Vorsicht geboten: «Es gibt rund 60 Arten, drei davon sind giftig, also lieber alle gesammelten Pilze unbedingt kontrollieren lassen.» Insgesamt wachsen in der Schweiz etwa 6000 Pilzarten, viele davon sind ungeniessbar. «Nur etwa 250 sind essbar, und gerade einmal rund 50 wirklich empfehlenswert», sagt Ruth Bänziger. Trotzdem wird sie jedes Jahr ein- bis dreimal ins Spital gerufen, wegen einer möglichen schweren Pilzvergiftung.

Verschobene Saison

Die diesjährige Pilzsaison läuft eher schleppend, wie die Schaffhauserin erklärt. Zwar hat es im Juli reichlich geregnet, doch der August war heiss und trocken. «Durch den Klimawandel verschiebt sich die Saison zunehmend, es kann gut sein, dass man auch im November noch Pilze findet», erklärt Ruth Bänziger. Verändert hat sich auch das Publikum. «Einen Hype rund um die Pilze nimmt sie aber nur am Rande wahr. Durch Social Media gehen viele Leute zum ersten Mal auf Pilzsuche – oft, um schöne Fotos zu machen», sagt sie. «Sie drapieren die farbigsten Pilze im Korb für ein perfektes Bild. Das ist zwar schön, birgt aber auch Risiken, wenn man die Arten nicht kennt und nicht zur Pilzkontrolle geht.» 

 

Tipps für das Pilzsammeln

Worauf beim Pilzsammeln besonders geachtet werden muss hat Ruth Bänziger klare Tipps für Einsteigerinnen und Einsteiger:

• Einen luftigen Korb mitnehmen, keine Plastiksäcke oder geschlossenen Gefässe.

• Zeitungspapier zum Trennen der Pilzarten verwenden.

• Ein Messer zum sauberen Abschneiden.

• Von ausgewachsenen Speisepilzen, die man sicher kennt, etwa Eierschwämme oder Steinpilze, kann man beliebige Mengen sammeln und sauber abschneiden, von nicht bekannten Pilzen nur ein oder zwei Exemplare mit ganzem Stiel und Fuss.

Denn eines weiss die erfahrene Pilzkontrolleurin genau: Sicherheit geht vor und der Genuss schmeckt doppelt so gut, wenn man weiss, was auf dem Teller liegt.

Salome Zulauf, Schaffhausen24