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07.11.2025

Wenn der Hof den Besitzer wechselt

Die Familie Winzeler lud auf ihren Hof ein: v. l. n. r. Lara, Brigitte mit Enkelin Leni, Urs, Simon und hinten Dominik. Der dritte Sohn, David, fehlt auf dem Foto.
Die Familie Winzeler lud auf ihren Hof ein: v. l. n. r. Lara, Brigitte mit Enkelin Leni, Urs, Simon und hinten Dominik. Der dritte Sohn, David, fehlt auf dem Foto. Bild: zVg.
Eine Hofübergabe ist mehr als ein Vertrag, sie ist ein Generationenprojekt. Beim zweiten Schaffhuuser Hof-Höck zeigten Fachleute und Beteiligte worauf es ankommt, damit der Generationenwechsel ohne grössere Reibungen gelingt.

In der Werkstatt der Familie Winzeler in Barzheim wurde spürbar, was eine Hofübergabe bedeutet: Loslassen, Verantwortung und viele Gespräche gehören dazu. Ein aktuelles Thema, das Jung und Alt interessiert. Nicht verwunderlich folgten rund 90 Interessierte der Einladung zum zweiten Schaffhauser Hof-Höck, den der Schaffhauser Bauernverband zusammen mit dem GVS und der Agrisano organisierte. Gastgeber Dominik Winzeler steht mitten in diesem Prozess: Ab dem 1. Januar übernimmt er den elterlichen Milchviehbetrieb mit rund 50 Kühen, eigener Aufzucht und Mast sowie Ackerbau mit Zuckerrüben, Kartoffeln und Mais. Die Wertschöpfung soll auf dem Hof bleiben.

Zu Beginn erinnerte Christian Müller, Präsident des Schaffhauser Bauernverbands, daran, dass früher oft vier Generationen auf einem Hof lebten: «Das war herausfordernd, aber auch eine grosse Bereicherung – gerade für Enkel und Grosseltern. Wer auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufwächst, erlebt die Natur, die Tiere und das familiäre Miteinander auf eine Weise, die andere gar nicht kennen.»

Übergaben wird zur Gratwanderung

Damit der Generationenwechsel gelingt, braucht es Fachwissen und Feingefühl. Treuhänder Walter Rahm von der Treunova GmbH, seit Jahren spezialisiert auf landwirtschaftliche Nachfolgeregelungen, legte beim Hof-Höck die häufigsten Stolpersteine offen. Sein Fazit: Eine Hofübergabe ist kein kurzer Akt – sie sollte fünf bis zehn Jahre im Voraus geplant werden.

Die Stolpersteine im Überblick

Unklarer Rechtsrahmen: Ob Grundstück oder «landwirtschaftliches Gewerbe» – das BGBB setzt zwingende Vorgaben (Erb-/Verkauf, Zerstückelung, Bewilligungen, Höchstpreis). Wer den Status falsch einschätzt, riskiert teure Folgen.

Mehrfamilien- und Zusatzwohnungen: Nichtlandwirtschaftlich genutzte Wohneinheiten werden nicht zum landwirtschaftlichen Ertragswert. bewertet. Das kann den Ertragswert und die Finanzierung stark beeinflussen.

Preislogik und Zuschläge: Ertrags- und Verkehrswert klaffen weit auseinander. Investitionszuschläge (neu 20 statt 10 Jahre relevant) erhöhen den Kaufpreis – innerhalb der Familie verhandelbar, aber planungsrelevant.

Belastungsgrenze: Für Grundpfandrechte gilt eine gesetzliche Obergrenze. Mit der Revision steigt der Faktor beim landwirtschaftlichen Ertragswert von 1.35 auf 1.50. Das erleichtert Kredite, birgt aber auch Verschuldungsrisiken.

Vorkaufs- und Zuweisungsrechte: Wer selbst bewirtschaften «will und kann», hat Vorteile. Neu soll der Ehepartner im Vorkaufsfall Vorrang vor Geschwister/Geschwisterkind erhalten.

Rückkaufs- und Gewinnanspruch: Standard in vielen Verträgen, aber freiwillig zu Lebzeiten. Wer sie vergisst, öffnet die Tür für Spekulation und Streit.

Steuern und AHV: Der Liquidationsgewinn ist privilegiert besteuerbar (Art. 37b DBG) – bleibt aber AHV-pflichtig. Der Zeitpunkt der Aufgabe der Selbständigkeit ist entscheidend.

Direktzahlungen und Alter: Direktzahlungen werden nur bis zum 65. Altersjahr ausbezahlt – wer zu spät übergibt, verliert Ansprüche.

Wohnsituation: Das Mietmodell ist flexibel und EL-tauglich. Wohnrecht oder Nutzniessung hingegen binden stark und bringen steuerliche Nachteile – oft eine ungewollte Doppelbelastung.

Was die Teilrevision des BGBB bringt

Der Bundesrat hat am 8. Oktober die Botschaft zur Teilrevision des BGBB verabschiedet. Ziele sind: Selbstbewirtschaftung, Ehepartner und Unternehmertum zu stärken.

Die wichtigsten Neuerungen:

  • Zuschlagsdauer für Investitionen neu 20 Jahre.
  • Belastungsgrenze steigt auf 150 %.
  • Ehepartner erhält Vorkaufsrecht an zweiter Stelle.
  • klarere Regeln für Kapitalgesellschaften.
  • Diese Anpassungen wirken direkt auf Finanzierung, Preisbildung und Nachfolgeplanung.

Tipps vom Experten

Frühzeitig starten: Planungshorizont 5–10 Jahre. Status klären, Ertrags- und Verkehrswerte korrekt ermitteln.

  • Rechte und Verträge ordnen: Vorkaufs-, Rückkauf- und Gewinnansprüche klar regeln.
  • Finanzierung realistisch planen: Belastungsgrenze, Investitionen sowie Finanzier- und Tragbarkeit gemeinsam betrachten.
  • Steuern und AHV optimieren: Zeitpunkt und Form der Übergabe sorgfältig wählen.
  • Direktzahlungen sichern: Übergabe rechtzeitig vor dem 65. Geburtstag abschliessen.
  • Wohnsituation lösen: Mietmodell bevorzugen, steuerliche Fallen vermeiden.
  • Versicherung und Vorsorge prüfen: Taggeld, Invalidität, Altersvorsorge – früh abschliessen.

Wissen, Offenheit und Vorsorge

Zum Abschluss erinnerte Virginia Stoll, Geschäftsführerin des Schaffhauser Bauernverbands und mitten in der eigenen Hofübergabe, dass dazu auch die persönliche Absicherung gehört: «Bitte schaut die Versicherungen frühzeitig an: Vorsorge, Taggeld, Unfall, Erwerbsunfähigkeit. Solche Verträge sollte man abschliessen, solange man jung und gesund ist.»

Der Generationenwechsel ist kein einmaliger Akt, sondern ein Prozess über Jahre. Wer früh plant, transparent kommuniziert und die rechtlichen wie finanziellen Fragen offen angeht, sorgt für einen reibungsloseren Übergang. Eine offene Kommunikation mit sämtlichen Beteiligten ist dabei das A und O. 

Schaffhausen24, Originalmeldung Schaffhauser Bauern