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22.11.2025
17.11.2025 17:02 Uhr

Fingerspitzengefühl gefragt

Markus Hallauer ist überzeugt, gutes Rebenhandwerk und präzises Ernte-Timing wurde in diesem Jahr belohnt.
Markus Hallauer ist überzeugt, gutes Rebenhandwerk und präzises Ernte-Timing wurde in diesem Jahr belohnt. Bild: zVg.
Das Rebjahr 2025 brachte frühe Reife, hohe Temperaturen und grosse Herausforderungen. Markus Hallauer von Rimuss & Strada Weine AG spricht über Ernteplanung, Winzerarbeit und neue Projekte.

Markus Hallauer ist Betriebsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung bei ­Rimuss & Strada Weine in Hallau. Im ­Gespräch blickt er auf das Rebjahr 2025 zurück, ordnet die Herausforderungen der Traubenernte und Verarbeitung ein und gibt Einblick in die langfristigen Strategien von Rimuss & Strada Wein AG.

Sie sind Betriebsleiter bei Rimuss & Strada. Wie würden Sie Ihre Aufgabe beschreiben?
Markus Hallauer: Ich sorge dafür, dass alle Teams die nötigen Ressourcen haben, um effizient arbeiten zu können. Viele Projekte, vor allem in der Infrastruktur, laufen bei mir zusammen. Mein Ziel ist es, überall unterstützen zu können, ohne dass der Betrieb auf mich angewiesen ist. In einem kleinen Team wie unserem kommt es aber immer wieder vor, dass ich besonders während der Herbstzeit aktiv mitanpacke. Ich möchte den Betrieb in allen Bereichen verstehen und mitarbeiten können. Nur so finde ich praxisnahe Lösungen und kann echte Verbesserungen erzielen.

Wie sind Sie  zum Wein gekommen?
Hallauer: Die Landwirtschaft war für mich schon immer ein zentrales Thema. Ich wollte ursprünglich Landwirt werden. Unser Familienbetrieb in Löhningen war meine erste Schule. Dennoch habe ich zuerst eine Lehre als Elektromechaniker gemacht und mich später zum Elektroingenieur weitergebildet. Gleichzeitig half ich in meiner Freizeit auf dem Hof mit – insbesondere in den Reben, meist gemeinsam mit meinem Grossvater. Diese Reben habe ich später übernommen. Später führte ich mit meiner Frau das Weingut Aagne und absolvierte in dieser Zeit auch die Ausbildung zum Winzer EFZ. Bei Rimuss & Strada Wein AG kann ich heute beide Berufe optimal verbinden.

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit den Winzerinnen und Winzern
der Region?
Hallauer: Sie ist entscheidend. Rimuss & Strada Wein AG bewirtschaftet keine eigenen Rebflächen, sondern kauft sämtliche Trauben von regionalen Produzenten. Diese Zusammenarbeit ist eng und langfristig angelegt. Unsere Partnerbetriebe sind Profis mit grossem Fachwissen. Wir sind in Kontakt durchs ganze Jahr, nicht nur während der Ernte.

Wie haben Sie das Rebjahr 2025 erlebt?
Hallauer: Bis in den Sommer verlief alles erfreulich. Die Reben entwickelten sich gut, die Voraussetzungen waren vielversprechend. Früh zeigte sich jedoch, dass die Lese dieses Jahr sehr früh beginnen könnte. Eine frühe Ernte bedeutet: hohe Temperaturen während Erntezeit. Das führt oft zu hektischen und kompakten Ernteperioden. Früher wurden die Trauben im Oktober geerntet. Die kühleren Nächte wirkten dabei wie eine natürliche Konservierung. Dieses Jahr brachten warme Tage und Niederschlag innert weniger Tage Fäulnis, vor allem in geschwächten Parzellen. Dadurch gab es ein sehr kurzes Zeitfenster für die Ernte der einzelnen Parzellen und dies bereits ab Ende August. Sowohl für die Winzerinnen und Winzer als auch für uns im Keller war dies eine Herausforderung. Alle Sorten trafen praktisch gleichzeitig ein.

Der richtige Erntezeitpunkt war entscheidend um grössere Verluste durch Fäulnis und die Kirschessigfliege (KEF) verhindern zu können. Ein zusätzlicher Sönderungsaufand bescherte den Winzern viel Arbeit – diese hat sich aber gelohnt, entsprechend war das angelieferte Traubengut sehr zufriedenstellend. In einzelnen Fällen war der Gesundheitszustand der Trauben kritisch und es kam zu Enttäuschungen.

Gab es regionale Unterschiede in der Ausprägung dieser Probleme?Hallauer: Einzelne Lagen waren stärker betroffen, etwa durch die KEF. Grundsätzlich aber ist meine Beobachtung: Die grössten Unterschiede ergeben sich nicht zwischen den Regionen, sondern in der Art, wie die Reben bewirtschaftet werden. Gute Pflege zahlt sich aus.

Wie war die Qualität und Menge der Ernte 2025?
Hallauer: Insgesamt lag die Menge im Durchschnitt. Die Qualität der Trauben war erfreulich und die Jungweine sind vielversprechend. Gut gepflegte Anlagen haben dieses Jahr sehr schönes Traubengut hervorgebracht. Gutes Rebenhandwerk und präzise Ernte-Timing wurde belohnt. Fingerspitzengefühl war dieses Jahr in allen Belangen besonders wichtig.

Wie funktionierte in diesem Jahr die Zusammenarbeit mit den Traubenlieferanten?
Hallauer: Sehr gut. Es war ein intensiver Herbst, und die Winzerinnen und Winzer haben in kürzester Zeit eine ausserordentliche Leistung erbracht. Die Zusammenarbeit war professionell und von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Die Ernteplanung ist heute vielschichtig geworden. Früher war der Keller im Herbst einfach offen und die Trauben konnten gebracht werden – zuerst die Weissen dann die Roten. Heute müssen viele Positionen nach Traubensorte, Produktionsart und Weintyp genau koordiniert werden, damit alles zur richtigen Zeit verarbeitet werden kann.

Spüren Sie eine Entwicklung hin zu robusteren Sorten?
Hallauer: Ja, das Thema gewinnt an Bedeutung. Die robusten Sorten sind bei den Winzern beliebter geworden, allerdings fehlt der Markt aktuell dafür.

Gibt es Veränderungen im Anbausystem im Hinblick auf den Klimawandel?Hallauer: Wir müssen uns intensiver mit dem Erntezeitpunkt befassen. Die höheren Temperaturen führen zu früheren Leseterminen. Ein angepasstes Laub-Frucht-Verhältnis könnte die Reife etwas hinauszuzögern – zurück Richtung Oktober, wie früher. Eine Massnahme wäre, weniger Laubwand bei gleichbleibender Fruchtmenge. Dies wird in anderen Ländern bereits praktiziert. Dazu konnte ich beobachten, dass in diesem Jahr der vermehrte Einsatz von pneumatischer Entlaubung einen positiven Effekt auf die Traubenqualität hatte. Diese Methode reinigt den Trauben bis ins Stielgerüst. Dadurch trocknen die Trauben besser ab, was das Risiko von Botrytis deutlich reduziert.

Gibt es bei Rimuss & Strada auch neue Projekte, die über den klassischen Weinbau hinausgehen?
Hallauer: Ja, aktuell arbeiten wir an einer spannenden Innovation: dem Entalkoholisieren von Wein. Das ist ein zusätzliches Marktfeld, das sich zunehmend öffnet. Wir befinden uns mitten in der Entwicklungsphase und arbeiten daran, wie wir einen der besten entalkoholisierten Weine herstellen können – qualitativ hochwertig und geschmacklich überzeugend.Getränketechnisch ist das eine grosse Herausforderung. Alkohol ist ein wichtiger Geschmacksträger. Ihn zu entfernen und gleichzeitig die Struktur und Aromatik eines Weins zu erhalten, erfordert Know-how und Fingerspitzengefühl.

Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr 2026?
Hallauer: Ein gutes Rebjahr für die Winzerinnen und Winzer – und eine Gesellschaft, die nicht nur von Nachhaltigkeit spricht, sondern diese auch lebt. Es besteht eine grosse Diskrepanz zwischen dem, was von der Landwirtschaft verlangt wird, und dem, was konsumiert wird. Global konsumieren und lokal ökologisieren hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun!

Und zum Schluss: Mit welchem Wein oder Schaumwein stossen Sie auf ein gelungenes Jahr an?
Hallauer: Mit einem Strada Brut oder einem feinen Pinot Noir – je nach Stimmung.

Im Sommer 2024 setzte ein heftiges Unwetter die Produktionsstätte der Rimuss & Strada AG unter Wasser. Welche Herausforderungen dieses Unglück mit sich brachte, erfahren Sie auf unserer Website schaffhauserbauer.ch.

Schaffhausen24, Originalmeldung Schaffhauser Bauern
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