Beim Betreten des Bauernhauses der Familie Stoll empfängt einen ein herrlicher Duft nach frischgebackenen Guetzli. Der Kachelofen spendet behagliche Wärme und auf dem Küchentisch liegt der Teig für die nächste Backsession bereit. «Am besten den Teig direkt aus dem Kühlschrank verarbeiten, dann geht es am leichtesten», sagt Katharina Stoll aus Osterfingen, die als Land-, Familien- und Spitexfrau sowie als ausgebildete Familienhelferin viele Rollen vereint. Hin und wieder schauen die beiden Bauern herein, entweder der Sohn oder Ehemann Roland. Da wird noch kurz etwas zum Mittagessen vorbereitet, dort noch ein Gespräch über die kränkliche Kuh im Stall.
Auf dem Hof überall im Einsatz
Käthi – so nennen sie viele – ist jedoch nicht nur in der Küche anzutreffen. Auf dem Hof hilft sie mit, wo immer sie gebraucht wird. Die Rebarbeit gehört in ihr Ressort, aber am liebsten ist sie bei den Kühen im Stall. Die Stolls führen eine Mutterkuhherde mit Kälbern und bewirtschaften einen vielseitigen Betrieb: Weizen, Dinkel, Sonnenblumen, Ackerfutter, Buntbrachen, Gerste und Futtergetreide prägen die Flächen rund um den Hof. Dazu kommt die Direktvermarktung von Fleisch und Wein. «Börtli aberächä gehört auch zu meinen Hofarbeiten», sagt sie lachend, aber vor allem im Sommer sei der Rebbau besonders intensiv.
Vom Käsen zum Sirup
Früher verarbeitete sie die eigene Milch zu Käse. «Um die Milch damals verwerten zu können, habe ich «selber chäsed»», erzählt sie. Der Käse lief gut, doch mit der Umstellung auf Mutterkuhhaltung endete die Produktion. «Ich hätte eigentlich 1000 Ideen, was ich alles herstellen könnte und sie würden bestimmt ein ganzes Lädeli füllen, aber die Zeit fehlt mir», sagt sie mit einem Schmunzeln. Sirup und Konfitüre stellt sie aber weiterhin her, im kleinen Umfang und meist auf Bestellung.
Der berühmte Hexensirup
Einige ihrer Sorten haben über die Jahre fast Kultstatus erreicht. Besonders bekannt ist ihr Hexensirup. «Der Hexensirup ist mit mauretanischer Malve gemacht und ist mein Lieblingssirup.» Wird die Malve mit Wasser vermischt, färbt sie sich tiefviolett – ein kleiner Zaubereffekt, den viele Kundinnen und Kunden seit Jahren schätzen. Holunderblütensirup und Pfefferminzsirup gehören ebenfalls zu ihrem festen Sortiment.
Schätze aus dem Garten
«Alles, was ich selber mache, wird mit den Produkten rund um unseren Hof hergestellt, um diese zu veredeln. Wir haben viele Obstbäume und mein Kräutergarten ist mittlerweile grösser als mein Gemüsegarten.» Kräuter seien eine genauso grosse Arbeit wie das Gemüse: pflegen, zurückschneiden, ernten. «Meine Kräuter kann ich für den Stall nutzen, als Teemischungen oder zu Sirup verarbeiten.»
Nervenguetzli gehen immer
Die Nervenguetzli begleiten Käthi seit ihrer Ausbildung zur Familienhelferin. «Dieses Rezept habe ich viele Mal in der Ausbildung gebacken, damals hiess es Energieguetzli.» Da die Stolls selbst Dinkel anbauen, passte es hervorragend in ihr Sortiment.
Jahre später fand sie das Rezept unerwartet wieder. «Als ich an einer Gartenshow in Deutschland ein Kochbuch kaufte und es im Winter durchblätterte, fand ich genau die Energieguetzli wieder – aber als Nervenguetzli.»
Vom Familienrezept ins Landfrauenkochbuch
Die Guetzli wurden zum festen Bestandteil für die Helferinnen und Helfer beim Herbsten. «Es ist gesund, gut und lange haltbar.» Als Rezepte für das Schaffhauser Landfrauenkochbuch gesucht wurden, reichte sie ihres ein – erfolgreich. Später begann sie, die Nervenguetzli zu verkaufen. «Eigentlich eine Fehlüberlegung von mir», sagt sie lachend. Damals verkaufte sie diese «wie verruckt». Heute backt sie die Nervenguetzli nur noch auf Bestellung sowie für Freunde und Familie. «Es ist ein Blitzrezept und viele können sie auch selbst herstellen.»
Weihnachten bei Stolls
An Weihnachten arbeitet Käthi meist in ihrem Spitex-Dienst. «Ich versuche dann, etwas Weihnachten an meine Menschen in der Pflege weiterzugeben.» Früher feierte die Familie am Abend kurz zusammen, bevor sie zur Nachtschicht aufbrach. Heute beginnt ihr Dienst später. «Ich arbeite an Weihnachten, damit diejenigen mit kleinen Kindern zu Hause mit den Kindern feiern können.» Am 25. Dezember arbeitet Käthi tagsüber und abends sitzt die Familie Stoll zusammen und feiert. Danach wird es ruhig im Haus – Tage, die ihr besonders wichtig sind. Dann nimmt sie sich bewusst Zeit für sich und das Leben zu Hause.
Kochbuch Schaffhauser Landfrauen
Viele weitere Schaffhauser Rezepte von Bäuerinnen und Landfrauen gibt es im Kochbuch der Schaffhauser Landfrauen «Schaffhauser Landfrauen kochen». Ein perfektes Weihnachtsgeschenk, vielleicht mit einem Säckli Nervenguetzli dazu?
Bestellen des Kochbuchs unter landfrauen-sh.ch/angebot
Käthi Stoll wein-stoll.ch