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Kultur
17.12.2025
17.12.2025 10:07 Uhr

Und wie feiern sie Weihnachten?

Jedes Land hat eine Vielzahl von Bräuchen und Traditionen.
Jedes Land hat eine Vielzahl von Bräuchen und Traditionen. Bild: Pixabay
Kekse backen, Geschenke austauschen, feines Essen und bewusst zusammenkommen: Weihnachten ist bald da. Doch welche Bräuche und Traditionen werden in anderen Teilen der Welt gepflegt? Um das herauszufinden, muss man nicht gleich auf Weltreise gehen, denn eine Reise kann auch durch Erzählungen geschehen. Die Teilnehmende und Lehrkräfte des SAH Schaffhausen ermöglichen uns dabei spannende Einblicke in vielfältige Kulturen.

Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk Schaffhausen (SAH) ist ein Non-Profit-Verein, der sich im Integrations- und Migrationsbereich engagiert und Menschen auf ihrem Weg zur sprachlichen, beruflichen und sozialen Integration begleitet. Elisa Frey von der Stabsstelle Kommunikation hat dem «Bock» einen Einblick gegeben, wie die Schule den Umgang mit religiösen Feiertagen wie Weihnachten gestaltet. Da viele Studierende aus den verschiedensten Kulturkreisen stammen, liegt der Fokus weniger auf der religiösen Bedeutung des Festes sondern vielmehr auf dem gemeinsamen Jahresabschluss. Für die Mitarbeitenden organisiert die Schule einen traditionellen Weihnachtsapéro, bei dem das Zusammensein und die Wertschätzung für die geleistete Arbeit im Vordergrund stehen. Bei den Teilnehmenden achtet man besonders darauf, dass jene, die noch nicht lange in der Schweiz leben, gut auf die Feierlichkeiten vorbereitet sind. Religion spielt im Unterricht bewusst keine Rolle, erklärt Frey; stattdessen werden die Traditionen erläutert, während der religiöse Hintergrund nur erklärt wird. Ziel ist es, den Teilnehmenden Orientierung zu bieten, damit sie sich etwa bei der Begegnung mit einem Krippenspiel nicht überfordert fühlen. Es geht darum, Neues kennenzulernen, und das ganz ohne Zwang. Besonders schön findet Frey, dass die meisten mit grosser Neugier an das Thema Weihnachten herangehen und viele Fragen stellen. Ablehnung sei bisher nie vorgekommen. Für die meisten Teilnehmenden haben gemeinsames Essen, Beisammensein sowie das Ausdrücken von Dankbarkeit und Respekt einen hohen Stellenwert. So sei es gerade in der Weihnachtszeit üblich, dass viele mit Kuchen oder kleinen Geschenken durch die Schule laufen, die sie ihren Lehrkräften überreichen, berichtet sie weiter. Um mehr über die Bräuche anderer Kulturen zu erfahren, haben sich Teilnehmende und Lehrkräfte der SAH bereit erklärt, Einblicke in die Besonderheiten ihrer eigenen Traditionen zu geben und von ihren persönlichen Erfahrungen in der Schweiz zu berichten.

Elisa Frey. Bild: Ginevra Lo Piccolo
Feven (l.) und Tesfaldet aus Eritrea. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Feven (l.) und Tesfaldet stammen aus Eritrea, wo Weihnachten am 7. Januar gefeiert wird. Für beide steht das Zusammensein mit der Familie im Mittelpunkt. Am Weihnachtstag gehen sie in die Kirche. In der Vorweihnachtszeit fasten viele Menschen in ihrer Kultur, umso besonderer ist danach das gemeinsame Festessen mit traditionellen Speisen. In der Schweiz gefallen ihnen besonders die vielen Lichter und festlichen Dekorationen. Können sie Weihnachten nicht mit ihrer Familie verbringen, bleiben sie dennoch durch Telefonate und Nachrichten miteinander verbunden.

Lorina stammt aus dem Kosovo. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Lorina absolviert ein Praktikum bei der SAH. Sie ist in der Schweiz geboren, ihre Eltern stammen aus dem Kosovo. Im Kosovo leben etwa gleich viele katholische wie muslimische Familien; in ihrer Heimatstadt sind jedoch die meisten katholisch. Dort ist es üblich, dass alle unabhängig von ihrer Religion gemeinsam feiern. Obwohl Lorina Weihnachten nicht aktiv feiert, geniesst sie die festliche Atmosphäre. Zuhause wird dekoriert und geschmückt. Da ein Teil ihrer Familie im Kosovo und ein Teil in Deutschland lebt, besuchen sie sich während der Feiertage Jahr für Jahr abwechselnd.

Assaba stammt aus Togo. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Assaba stammt aus Togo. Zu Weihnachten werden dort Gerichte wie Fufu serviert, eine Art Kartoffelpüree, das mit verschiedenen Saucen gegessen wird. In ihrer Heimat kocht man nicht nur für die eigene Familie, sondern teilt das Essen mit Nachbarn, unabhängig von deren Religion. So entsteht eine bunte Vielfalt an Speisen, und manchmal essen die Menschen nicht einmal das Gericht, das sie selbst zubereitet haben. Da Assabas Familie in Togo lebt, feiert sie Weihnachten in der Schweiz mit Freundinnen und Freunden, bleibt aber über Telefon stets mit ihren Liebsten in Kontakt.

Lehrerin Meryem kommt aus der Türkei. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Meryem ist Lehrerin bei der SAH und stammt ursprünglich aus der Türkei. Sie liebt Weihnachten, besonders Glühwein und Weihnachtsmärkte. In ihrer Familie wurde jedoch eher das neue Jahr gefeiert: Ihre Mutter kochte festliche Speisen, die im ganzen Dorf verteilt wurden. Eine weitere Tradition war das Weihnachts-Bingo, bei dem ihr Vater Lotto-Gewinnspiele für die ganze Familie kaufte. Auch ein Granatapfel am Hauseingang, der Glück bringen sollte, durfte nicht fehlen. Mit ihrer Klasse behandelt sie das Thema Weihnachten auf interaktive Weise und vermittelt so die Traditionen.

Paola kommt aus Venezuela. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Paola kommt aus Venezuela. Für sie steht Weihnachten für Liebe, Nähe, Zusammenhalt und Wärme, denn in Venezuela ist es zu dieser Zeit nicht so kalt wie in der Schweiz. Dort wird Weihnachten sehr familiär gefeiert: Die Familie kocht gemeinsam und bereitet bis zum 24. Dezember spezielle Gerichte wie Hallacas zu. Jeder hilft mit, und den ganzen Tag über dreht sich alles ums gemeinsame Kochen und Feiern. Da ihre eigene Familie in Venezuela geblieben ist, verbringt Paola Weihnachten in der Schweiz mit ihrem Ehemann, seiner Familie und Freunden aus der Ukraine.

Julián (l.) und Jéronimo aus Kolumbien. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Julián (l.) und Jéronimo stammen aus Kolumbien. Dort ist im Dezember der ganze Monat frei, und Weihnachten wird über mehrere Wochen hinweg gefeiert. Das angenehme Wetter lädt dazu ein, viel Zeit im Freien zu verbringen: Familien und Nachbarn kochen gemeinsam, Musik aus Lautsprechern begleitet das Fest, und auf den Strassen wird getanzt. Typische Speisen dieser Zeit sind Buñuelos, Natillas und Tamales. Besonders überrascht waren sie vom Schnee, den sie zuvor nur aus Filmen kannten.

Die Kursleiterin Futuon kommt aus Syrien. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Futuon ist Kursleiterin und stammt aus Syrien. Eigentlich feiert sie kein Weihnachten, doch sie geniesst die festliche Atmosphäre und die vielen Lichter. In Syrien gibt es katholisch-orthodoxe Christen, die ihre Städte schmücken und karnevalsähnliche Feierlichkeiten veranstalten, sodass sie sich beim Anblick der Dekorationen in der Schweiz fast wie zu Hause fühlt. Aufgrund des Kriegs wird dort heute jedoch kaum noch dekoriert. Deshalb ruft sie ihre Mutter per Videoanruf an, um ihr zu zeigen, wie schön es hier ist.

Bismark stammt aus Ghana, hat aber auch in Italien gelebt. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Bismark stammt aus Ghana, hat aber auch in Italien gelebt. Er feiert gerne mit seiner Familie, und der Geschenkeaustausch ist für ihn ein besonderes Highlight. Da viele ghanaische Produkte in der Schweiz schwer zu finden sind, orientiert sich das Festessen oft an der italienischen Küche. In Ghana war es üblich, dass Kinder ihre Grosseltern besuchten, um Kekse zu bekommen. Seine Mutter bereitete Puff Puff zu und teilte es mit dem Dorf. Heute lebt sie in Italien, und durch Telefonate bleiben sie an Weihnachten miteinander verbunden.

Bushra ist Kursleiterin und kommt aus Pakistan. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Bushra ist Kursleiterin und stammt aus einer Stadt in Pakistan, in der viele Christen leben. Deshalb hat sie viele Freunde, die Weihnachten feiern, und jedes Jahr erhielt sie von einer Freundin zwei Kuchen, worüber sie sich sehr freute. In Pakistan ist Weihnachten ein sehr farbenfrohes Fest, weshalb sie überrascht war, dass dies in der Schweiz weniger ausgeprägt ist. Hier gefallen ihr die vielen Beleuchtungen und Lichter, denn solche gibt es in Pakistan kaum. In der Schweiz feiert sie Weihnachten mit ihrem Mann, seiner Familie und Freunden.

Das Ehepaar Liza und Valentyn kommt aus der Ukraine. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Liza und Valentyn sind ein Ehepaar aus dem Westen der Ukraine. Dort werden am 24. Dezember traditionell zwölf Gerichte zubereitet, und das gemeinsame Abendessen beginnt erst, wenn der erste Stern am Himmel erscheint. Am 25. Dezember ziehen Kinder von Tür zu Tür und singen Weihnachtslieder, die «Koljadki» genannt werden. Beide waren überrascht, dass in der Schweiz die Weihnachtsdekorationen bereits Ende Dezember oder Anfang Januar abgebaut werden, während sie in der Ukraine meist bis Ende Januar hängen bleiben.

Arsalan (v. l.), Usman und Masud stammen aus Afghanistan. Bild: Ginevra Lo Piccolo

Arsalan (v. l.), Usman und Masud stammen aus Afghanistan. Besonders an Weihnachten schätzen sie die Lichter, die Musik und die warme, ruhige Atmosphäre, die diese Jahreszeit prägt, sowie dass sich die Menschen bewusst Zeit für ihre Familien nehmen. Da Weihnachten in Afghanistan nicht gefeiert wird, kannten sie viele dieser Bräuche zuvor nicht. Umso grösser war ihre Überraschung, als sie in der Schweiz zum ersten Mal die festlich geschmückten Strassen und die zahlreichen Weihnachtsmärkte sahen. Auch wenn sie selbst Weihnachten nicht aktiv feiern, geniessen sie die besondere Atmosphäre sehr. Die Feiertage nutzen sie zudem, um in Ruhe mit ihren Familien in Kontakt zu bleiben, Nachrichten auszutauschen und zu telefonieren. Für sie ist diese Zeit zu einer Gelegenheit geworden, innezuhalten und sich ihren Liebsten näher zu fühlen, auch über grosse Entfernungen hinweg.

Ginevra Lo Piccolo, Schaffhausen24
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