Home Region Sport Schweiz/Ausland Magazin Agenda
Gesellschaft
17.12.2025
17.12.2025 10:17 Uhr

Frauen stehen für Frauen ein

Beatrix Schilling (l.) und Sandra Zimmermann haben seit rund zwei Jahren das Co-Präsidium des BPW Club Schaffhausen inne.
Beatrix Schilling (l.) und Sandra Zimmermann haben seit rund zwei Jahren das Co-Präsidium des BPW Club Schaffhausen inne. Bild: Sandro Zoller
Gemeinsam führen Sandra Zimmermann und Beatrix Schilling seit zwei Jahren den Business & Professional Women Club Schaffhausen. Ihnen ist es nicht nur wichtig, eine Stimme für Frauen zu sein, sondern diese zu vernetzen und auf ihrem beruflichen und ausbildungstechnischen Weg tatkräftig zu unterstützen.

«Frauen haben, strukturell betrachtet, in der Schweiz noch nicht in allen Bereichen die gleichen Bedingungen», sagt Beatrix Schilling, Co-Präsidentin des Business & Professional Women (BPW) Club Schaffhausen, im Gespräch mit dem «Bock». Diese Ungleichheiten zu reduzieren sei ein Anliegen des Netzwerkes. «Es ist nach wie vor die Realität, dass Frauen weniger als ihre männlichen Arbeitskollegen verdienen.» Ein paar Gründe seien vielleicht erklärbar, der Rest entziehe sich der Logik und würde sich einfach auf das Geschlecht begründen.

Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie beschäftige heutzutage ebenfalls Männer. Frauen seien aber weiterhin stärker benachteiligt. Gerade der Wiedereinstieg ins Berufsleben, etwa nach dem Mutterschaftsurlaub, gestalte sich schwierig. Oft sei dieser nur mit kleineren Pensen zu bewerkstelligen. Und wiederum würden diese oft mit weniger qualifizierten Jobs einhergehen. «Frauen müssen vermehrt darin sensibilisiert werden, dass jede berufliche Entscheidung eine Auswirkung auf die Finanzen und somit auf die Zukunft hat», fügt Sandra Zimmermann, Co-Präsidentin des BPW Clubs Schaffhausen an.

Präsidium in kompetenten Händen

Seit rund zwei Jahren stehen die studierte Architektin, Sandra Zimmermann, und die studierte Psychologin, Beatrix Schilling, dem Vorstand vor. Erstere ist gebürtige Schaffhauserin. Der Beruf führte sie aber ins Ausland und an andere Orte in der Schweiz. 2015 kehrte sie familienbedingt ins Schaffhauserland zurück. «Ich war zwar bereits vorher selbständig tätig gewesen, musste aber hier wieder von null auf beginnen. Deshalb suchte ich ein berufliches Netzwerk», so Sandra Zimmermann, Gründerin des Architekturbüros «craftraum». Es sei eine Bereicherung, Teil eines solchen Clubs zu sein. Neue Ansichten, Perspektiven und Erfahrungen erweitern den Horizont und ermöglichen neue Blickwinkel. «Bei uns geht es nicht um Akquise oder die Vermittlung einer neuen Stelle, sondern um Sichtbarkeit und die persönliche Weiterentwicklung.» Sie schätze am BPW Club Schaffhausen, dass sie mit Frauen unterschiedlichsten Alters und Erfahrungsschatz zusammenkomme. «Unsere jüngsten Mitglieder haben einen anderen Blick auf die Arbeitswelt als etwa unsere 80- bis 90-jährigen Urgründerinnen, welche aber weiterhin am Puls der Zeit sind.»

Beatrix Schilling studierte nach der kaufmännischen Lehre Psychologie. Unterdessen ist sie in Winterthur Geschäftsführerin des Weiterbildungsinstituts IBP und seit acht Jahren Mitglied des BPW Club Schaffhausen. «Wie man wegen des Hochdeutschs vermuten kann, stamme ich nicht von hier. Als ich nach Schaffhausen zog, gründete ich eine GmbH. Dabei stellte ich fest, dass es als auswärtige, berufstätige Frau teilweise schwierig ist, ein Netzwerk aufzubauen», erinnert sich Beatrix Schilling. Zuerst habe sie gemischte Clubs getestet. Da sei es des Öfteren vordergründig um Akquise gegangen: «Was kann ich dir und du mir verkaufen.» Sie habe aber gezielt ein Netzwerk zum Erfahrungs- und Wissensaustausch gesucht und im BPW Club Schaffhausen einen «Safe Space» gefunden. «Bei uns im Club werden grundsätzliche Fragen diskutiert. Welche Stolpersteine können bei einer Unternehmensgründung im Weg liegen, und welche Elemente sind in der Unternehmensführung sinnvoll?»

Mehr Mut sich zu trauen

Aus der Sicht von Beatrix Schilling braucht es mehr Frauen in Führungspositionen. Diese würden automatisch bessere Rahmenbedingungen schaffen, welche Frauen in ihrer Entwicklung, und auf dem Weg zu verantwortungsvollen Jobs, unterstützen. Denn Frauen seien weiterhin an wichtigen Schalthebeln von Unternehmen unterrepräsentiert. «Ich glaube aber auch, dass viele Frauen mehr Mut haben müssen, sich etwas zuzutrauen und zu wagen», findet Schilling und erklärt, dass das sogenannte Imposter Syndrom bei Frauen häufiger zu finden ist, als bei Männern: «In Stereotypen gesprochen, hat das männliche Geschlecht ein stärkeres Selbstvertrauen und packt Dinge eher an, auch wenn noch nicht alle Fähigkeiten und Ressourcen dafür vorhanden sind.» Und genau bei solchen Themen spiele ein Netzwerk, wie das des BPW, eine nicht unwichtige Rolle. Den Frauen, die noch ein wenig zweifeln, könne der Rücken gestärkt und Mut gemacht werden. «Wir sagen ihnen, versuche es, go for it.» Viele hätten die Qualifikation und das Potenzial.

«Ich glaube aber auch, dass viele Frauen mehr Mut haben müssen, sich etwas zuzutrauen und zu wagen.»
Beatrix Schilling, Co-Präsidentin BPW Club Schaffhausen

Frauen verdienen weniger als Männer

Entscheidungen beeinflussen das, was vor uns liegt. Und genau das möchten die beiden Co-Präsidentinnen den Mitgliedern vermitteln. Dies bringen sie beispielsweise mit der Veranstaltung «Fair Play – Fair Pay: Gemeinsam für Lohngleichheit» am 12. Februar 2026 in der Rathauslaube zum Ausdruck. Die Moderation hat Susy Schär, ehemalige Radio-SRF-Sportchefin und stellvertretende Redaktionsleiterin «PULS», inne. «Mit der Alliance F besteht eine intensive Zusammenarbeit. Zudem nutzen wir elektronische Tools, um an junge Frauen zu gelangen. Ihnen muss bewusst sein, dass jede Lebensentscheidung Einfluss auf das Altersguthaben hat», erklärt Zimmermann. Beatrix Schilling fügt an: «Der Pay Gap wird zum Investment Gap und zum Pension Gap. Und das realisieren viele Frauen erst, wenn nur noch wenige Handlungsmöglichkeiten bestehen.» Ihre jungen Club-Mitglieder seien an diesem Thema sehr interessiert und würden sich erkundigen, wie beispielsweise die Ausbildung ihre Karriere und das Finanzielle beeinflusst.

«Wir arbeiten nicht darauf hin, dass irgendwann alle Frauen ein bestimmtes Familienmodell leben. Aber wir möchten Rahmenbedingungen schaffen, die es ihnen ermöglichen ihr Wunschmodell frei zu wählen», stellt die studierte Psychologin klar. Es sei erschreckend mitzukriegen, dass manche international agierenden Unternehmen ihre Diversity Programme einstellen und somit möglicherweise einen Rückschritt einleiten.

Mentoring als Schlüsselelement

«Wir bieten innerhalb unseres Netzwerkes gezielt ein Mentoring an. Dazu haben wir eine webbasierte App, mit einer Datenbank dahinter, womit schweizweit mit allen Mitgliedern Kontakt aufgebaut und nach einem Mentoring gefragt werden kann», erzählt Beatrix Schilling während des Austausches mit dem «Bock». Das Mentoring, und Empfehlungen dafür, könne sich auch durch Gespräche unter den anwesenden Frauen ergeben. Manchmal entstünden auch kleinere Arbeitsgruppen, worin gewisse Themen intensiver aufgegriffen werden.

Ein weiteres Instrument zur Unterstützung der Club-Mitglieder ist das Lena-Stipendium. Damit werden altersunabhängig Frauen in Notsituationen unterstützt. Darunter fallen etwa eine Scheidung, gesundheitliche Einschränkungen, Jobverlust und Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung ins Berufsleben. Die betroffenen Frauen würden finanzielle Hilfe sowie Mentoring-Prozesse bei Quereinstiegen, Aus- und Weiterbildungen oder bei der Rückkehr ins Erwerbsleben erhalten.

«Von Anfang an war es uns wichtig, dass uns die Anliegen der Mitglieder bekannt sind. Gleich bei unserem Start, und im Zuge der 50-Jahre-Feierlichkeiten, diskutierten wir mit den Anwesenden, um ihre Bedürfnisse herauszufinden», so Schilling. Sie würden laufend neue Sachen ausprobieren und durch die gemeinsamen Erfahrungen weiterwachsen. «Ein Lernprozess funktioniert nur mit einer Feedbackschleife.»

Wichtige Themen: Von KI bis Gewalt

Eine Frau, welche KI nutzt, wird eines schnell merken, sagt die diplomierte Architektin: «Der Blick der KI auf Frauen ist sehr männlich geprägt.» Diversität sei deshalb da ebenfalls ein Problem. BPW Schweiz würden hochkarätige KI-Expertinnen angehören. Deshalb haben die beiden Co-Präsidentinnen die Chance beim Schopf gepackt und am 20. November ein Panel mit Tabea Hablützel auf die Beine gestellt. Und um ein Zeichen zu setzen und Teil der Aktion «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» zu sein, fand am 3. Dezember ein Abend in der Tanne Schaffhausen statt. «Es war ein kleiner feiner Anlass, der aufgezeigt hat, was jede Frau von sich aus machen kann, und wie wir alle mit dem Thema umzugehen haben», blickt Zimmermann zurück.

Für die Zukunft wünschen sich beide einen offenen und toleranten Austausch. Denn gerade in der heutigen Zeit, in welcher wieder vermehrt Vorurteile Hochkonjunktur hätten, und ein Miteinander nicht «en vogue» sei, müsse erst recht das Gemeinschaftliche gepflegt werden.

Sandro Zoller, Schaffhausen24
Demnächst