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Gesellschaft
30.03.2021
27.05.2021 15:12 Uhr

«Der Fussball war immer mein Leben»

Heute fühlt sich der 75-jährige René Deck in Schaffhausen zuhause.
Heute fühlt sich der 75-jährige René Deck in Schaffhausen zuhause. Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24
Entdeckt wurde René Deck bei einem Schülerturnier, zum Höhepunkt seiner Karriere wurde er Schweizer Meister mit GC und spielte in der Nati. Als erster Torhüter schaffte er in den 1970er-Jahren den Sprung in die ausländischen Ligen.

«Gross, kräftig und dass ich die Bölle eifach ghebet han», antwortet René Deck auf die Frage, was ihn als Goalie ausgezeichnet habe. Der 1.91 Meter grosse Ex-Fussballer hütete acht Jahre lang das Tor des Grasshopper Clubs Zürich (GC) und von 1971 bis 1973 war er zudem für die Schweizer Nationalmannschaft im Einsatz. Anschliessend wagte er als erster Schweizer Goalie den Schritt ins Ausland: Je eine Saison lang stand er bei PAOK Saloniki und dem VfB Stuttgart im Tor. Nach seiner Profikarriere initiierte er eine Goalie-Schule in der Region Schaffhausen. In der Munotstadt ist er bis heute geblieben. Mittlerweile pensioniert, blickt René Deck, zufrieden und stolz auf seine Karriere zurück.

Trainiert mit Köbi Kuhn

«Als Kind tschuttete ich gemeinsam mit meinem Nachbarn, ich stand schon damals immer im Goal – das wir jeweils aus Taschen bauten», erzählt René Deck über seine ersten Erinnerungen an den Fussball-Sport. Auch sein erstes Turnier ist noch präsent: «Beim Schülerturnier gewann ich mit meinem Team des Schulhauses Friesenberg den sogenannten Bambi.» Nach diesem Turnier sei ein, in seinen Erinnerungen, «alter Herr» auf den jungen René zugekommen, und fragte ihn, wo er trainiere. «Nirgends», antwortete der damals 9-Jährige. Kurzum wurde er zum Training des FC Wiedikon eingeladen und erhielt eine Spezialbewilligung in der Mannschaft zu spielen – dort trainierte er mit dem zwei Jahre älteren Köbi Kuhn.
Neben dem Fussballtraining absolvierte René Deck eine Lehre zum Sanitärinstallateur. Diese schloss er erfolgreich ab, dann fokussierte er sich immer mehr auf das Training – mittlerweile stand er für den FC Wettingen im Einsatz. Diesem gelang, unter Torhüter René Deck, nach drei Jahren endlich wieder der Aufstieg in die National Liga B (heute: Challenge League). Eines Abends kam der mittlerweile 21-jährige René Deck nach Hause und seine Mutter informierte ihn, dass er sich am selben Abend im Hotel Baur au Lac einfinden solle, ein Herr Sing wolle ihn treffen. «Natürlich kannte ich diesen Herrn Sing – das war der Trainer von GC!» So wechselte er 1966 zum Rekordmeister, wo er acht Jahre lang zwischen den Pfosten stand. Unter Goalie René Deck wurde die Mannschaft unter anderem Schweizer Meister und gewann den Liga Cup. Zu dieser Zeit war er zudem an sieben Spielen für die Schweizer Nati aktiv.

Beliebt bei den Griechen

Dann entschied sich René Deck für einen Wechsel zur griechischen Mannschaft PAOK Saloniki. «Ich konnte kein Griechisch und mein Englisch war übel», erinnert er sich. Kurzum zog er jedoch mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen Dani und Dino nach Griechenland ans Meer, wo sich die Familie schnell einlebte. Innert Kürze wurde der Schweizer Torhüter zu einem der beliebtesten Spieler von PAOK Saloniki. «Ich durfte fast jeden Match spielen. Die Leute liebten und küssten mich», erzählt René Deck mit einem nicht übersehbaren Leuchten in den Augen. Die griechische Mentalität bewundert und schätzt er bis heute sehr.
«Eine Saison später rief mich Albert Sing erneut an und wollte mich nach Stuttgart holen», erzählt René Deck. Dann begann eine schwierige Zeit. «Vom griechischen Publikumsliebling wurde ich zum Mann auf der Ersatzbank, obwohl ich trainierte wie ein Wahnsinniger.» So entschied sich der Ex-Profispieler, wieder zurück in die Schweiz zu kommen, und spielte die letzten vier Jahre seiner Karriere beim FC Winterthur.

Vom Spieler zum Trainier

Im Alter von 35 Jahren beendete er seine Karriere aufgrund einer Diskushernien-Operation. Fortan trainierte er Clubs im Raum Zürich und Aargau. Etwa zehn Jahre später kam René Deck nach Schaffhausen, wo er noch einmal heiratete und bis heute mit seiner Frau Romi lebt. Doch auch in der Munotstadt kam er nicht vom Fussball weg und gründete eine Goalie-Schule, auf einem Platz im Langriet in Neuhausen. «Fussball war mein Leben und wird es immer bleiben», so der 75-Jährige. Von nun an trainierte er Kinder und Jugendliche aus der Region, die während dem Clubtraining kein spezifisches Torwart-Training erhielten. «Ich hatte grosse Freude daran. Mein Ziel war immer, dass jede und jeder dabei sein kann.» Zu seiner aktiven Zeit habe es noch kein spezifisches Goalie-Training gegeben.
Die Goalie-Schule wurde ein Erfolg. «Da die Leute mich kannten, hatte ich innert Kürze fast 20 Teilnehmer», so René Deck. Mehrere Jahre lang trainierte er Kinder und Jugendliche mit grosser Freude. Nun ist René Deck aber endgültig pensioniert. Und zufrieden. Er nutzt die zusätzliche Zeit für noch häufigere Ausfahrten mit dem Velo oder Krafttraining im Kieser Training, manchmal geht er wandern. Das Fussballgeschehen verfolgt René Deck bis heute mit grosser Leidenschaft.

Warum die Griechen spinnen

Bei der Frage auf ein besonders in Erinnerung gebliebenes Ereignis, kommen dem 75-Jährigen zahlreiche Geschichten und Anekdoten in den Sinn. Angst hatte er nur einmal, während seiner Zeit bei PAOK Saloniki. «Nach einem Match in Athen, bei dem wir verloren, warf einer meiner Teamkollegen dem Schiedsrichter mit einer Geste Bestechung vor. Die 70 000 Zuschauerinnen und Zuschauer rasteten aus. Als wir uns mit dem Bus vom Stadion entfernen wollten, bewarfen uns diese Fans mit Steinen und demolierten den ganzen Bus. Ich erinnere mich, dass ich mit der Tasche überm Kopf auf dem Busboden lag.» Von da an war er sich sicher: Die Griechen, die spinnen.

Lara Gansser, Schaffhausen24