Ein Schnauben eines Pferdes, der typische Stallgeruch und freudige Kinderaugen sind in der Reitschule Sesa Horses in Schaffhausen wahrzunehmen. Die Reittherapeutin Ilona Poloni steht mit einem kleinen Mädchen in der Box eines Sportponys und beobachtet erst einmal das Pferd und sein Verhalten. Es geht hier vor allem um die Wahrnehmung zwischen Tier und Kind. Kurz darauf führt das Mädchen zusammen mit Ilona Poloni das Pferd nach draussen, wo es zuerst geputzt und für die kommende Reitstunde vorbereitet wird. Das Mädchen besucht aber keine klassische Reitstunde. Nein, es handelt sich hierbei um Heilpädagogisches Reiten (HPR), was Ilona Poloni seit vergangenem Juli auf dem Hohberg anbietet. Dort arbeitet sie selbstständig unter dem Logo «Weitblick-HPR».
Selbstvertrauen fördern
Heilpädagogisches Reiten umfasst die ganzheitliche Förderung von Kindern, Jugendlichen oder auch Erwachsenen. HPR wird bei Defiziten der Wahrnehmung und der Motorik, bei Lern- und geistiger Behinderung, Autismus, Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität, Sprach- und Sprechstörungen sowie Ängsten, Depressionen und Traumata angewendet. Der emotionale, kognitive, motorische und der soziale Bereich werden gefördert. Es hilft unter anderem, Ängste zu überwinden, das Selbstvertrauen und die Konzentrationsfähigkeit der Klientinnen und Klienten zu fördern. Die Bewegung des Pferdes sowie der Körperkontakt beeinflussen das Körpererleben sowie die innere Befindlichkeit. Ilona Poloni arbeitet vor allem mit Kindern. Dabei will sie auch deren Selbstbewusstsein mithilfe des Heilpädagogischen Reitens stärken. «Es ist eine Beziehungsarbeit zwischen dem Pferd und dem Kind», so die Heilpädagogin. «Schon nur sich einem Pferd nähern, wissen, wie es begrüssen und das gegenseitige Wahrnehmen: Solche kleinen Schritte können das Selbstbewusstsein fördern.» Je nach den motorischen Fähigkeiten und der Körperspannung des Kindes wird erst am Boden und später auf dem Rücken des Pferdes gearbeitet. Die Reittherapeutin betont aber, dass bei ihr nicht das Reiten im Mittelpunkt steht, sondern der klassische Beziehungsaufbau zwischen Kind und Tier.
Pferd muss zum Kind passen
Pferde und ihr Wesen faszinieren Ilona Poloni bereits seit ihrer Jugend. Statt für eine Reiterkarriere entschied sie sich für die Schule. Später absolvierte sie die Ausbildung zur Primarlehrerin und bildete sich zur Schulischen Heilpädagogin weiter. Seit zwei Jahren arbeitet sie in einem Kindergarten und unterstützt Kinder mit speziellen Bedürfnissen. Aufgrund ihrer beruflichen Vorkenntnisse und ihrem Wissen um die positive Wirkung der Pferde auf Menschen, entschied sie sich nach der Geburt ihres dritten Kindes, die Ausbildung zur Reittherapeutin zu absolvieren. Die Arbeit mit den Kindern und den Pferden gebe ihr sehr viel, erklärt sie. «Für mich selbst ist es auch eine Art Therapie, denn ich komme einfach zufrieden nach Hause.» Die Persönlichkeit des Pferdes muss zum Kind, das ins Heilpädagogische Reiten geht, passen. «Das Pferd muss Geduld haben, auf das Kind eingehen und spüren, wann es sich zusammenreissen muss. Psychisch muss es fit sein», erklärt Ilona Poloni. Wichtig sind hier vor allem ausgeglichene Pferde, die viel Weidegang haben, weshalb die Reittherapeutin hofft, dass die Reitschule an ihrem jetzigen Standort bleiben kann. Das Heilpädagogische Reiten findet bei Ilona Poloni vorwiegend draussen statt. «Es geht auch darum, die Natur selbst und das Pferd in der Natur wahrzunehmen.»