«Bock»: Was bedeutet Ihnen Heimat?
Lucia Angela Cavegn: Im Verlauf der Jahre hat dieses Wort für mich immer wieder eine neue Bedeutung erhalten. Ich trage einen Bündner Nachnamen, der Teil meiner Identität ist. Ich bin zwar in Emmenbrücke aufgewachsen, doch waren die Ferien in Sedrun während meiner Kindheit und Jugend so prägend, dass ich lange davon ausging, dass ich nach meinem Ableben dort oben beerdigt sein möchte. Noch immer sind Berge ein Kraftort für mich. Wegen meines Studiums zog ich Anfang zwanzig in die Grossstadt Zürich. Einige Jahre später führte mich die Liebe nach Winterthur und nun bin ich aus beruflichen Gründen in Diessenhofen tätig. Da ich mich stark über meine Arbeit definiere, bin ich auch darin beheimatet, insbesondere wenn das Arbeitsumfeld stimmt wie jetzt in Diessenhofen. Heimat finde ich aber auch in mir selbst. Ich bin gerne allein in der Natur, wo ich ungestört meinen Gedanken nachhängen kann und auf neue Ideen komme.
Was schätzen Sie an der Region am meisten?
Cavegn: Es sind dies verschiedene Faktoren. Die hier ansässigen Leute und ihre Mentalität sind mir sympathisch. Der Rhein, das spürt man, hat einen positiven Einfluss auf die Leute. Ich vermute auch, dass der Ort mich verändert. Nach der Arbeit sitze ich gerne am Rheinufer, am liebsten beim Unterhof, um einfach dem Fliessen des Wassers zuzuschauen. Ich finde das beruhigend und andererseits auch belebend. Panta rhei. Alles fliesst. Alles verändert sich. Ich empfinde die Leute als unkompliziert, entspannt und pragmatisch. Manchmal dünkt es mich, ich sei im Süden, dabei befinde ich mich an der nördlichen Landesgrenze, aber eben doch an einer Riviera. Da ich in der Zentralschweiz aufgewachsen bin, ist die Tatsache, dass man in wenigen Schritten im Nachbarland sein kann, eine faszinierende Sache. Erst allmählich begreife ich die DNA des Ortes und der Region. Ich fühle mich sehr wohl hier.
Wie beschreiben Sie sich selbst?
Cavegn: Ich bin jemand, der gerne Leute miteinander verbindet. Vor einigen Jahren habe ich mich in einem Interview als «Nomadin» bezeichnet. Vielleicht werde ich nun aufs Alter hin sesshaft. Ich bin unkompliziert, offen, neugierig, fleissig und hartnäckig. Und ich versuche aus einer Situation immer das Beste zu machen. (lg.)