Der in Winterthur aufgewachsene Hans-Jörg Ganz ist in eine musikalische Familie hineingeboren. Seine Mutter sang gerne und war aktives Mitglied in einem Frauenchor in Marthalen. Sein Vater hatte sich der Blasmusik verschrieben und musizierte ebenfalls in einem Verein. «Meine Eltern stammten beide aus landwirtschaftlich geprägten Gegenden. Insbesondere in Dörfern war es so, dass eine Zugehörigkeit zu einem Musikverein oder einem Chor zum sozialen Leben einfach dazugehörte», erzählt Hans-Jörg Ganz. Trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten war es seinen Eltern wichtig, ihren vier Kindern das Erlernen eines Musikinstrumentes zu ermöglichen. Hans-Jörg Ganz’ Einstiegsinstrument war die Blockflöte. Musik gehörte im Hause Ganz wie selbstverständlich dazu. Dass der heute 66-Jährige später damit seine Brötchen verdienen würde, war zu jenem Zeitpunkt allerdings noch nicht klar.
Früh übt sich
«Wir haben nicht etwa Brahms-Quintette gespielt, sondern meist Volkslieder. Musik war ein wichtiger Bestandteil in unserer Erziehung. Dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar.» Im besten Fall gehört es für den 66-Jährigen in jedes Erziehungsmodell dazu, seinem Kind das Erlernen eines Musikinstrumentes zu ermöglichen. «Das Musizieren hat in den letzten Jahren an Wichtigkeit verloren. Es hat vielfach wenig oder überhaupt keinen Stellenwert mehr.» Umso erfreuter zeigt sich der fünffache Grossvater, als er erzählt, dass eine seiner Enkelinnen angefangen hat, Harfe zu spielen.
Nach der Blockflöte kam bei Hans-Jörg Ganz Klavierunterricht dazu. Er beschreibt die Zeit, in welcher er Klavierunterricht nahm, als schwierig. «Meine Klavierlehrerin übte ziemlich viel Druck aus. Insbesondere im Hinblick auf die Auftritte: Die mussten fehlerfrei gespielt werden.» Diesen Druck und die damit verbundene Nervosität spüre er in gewissen Situationen noch heute.
Der Magic Moment
Als Konfirmand wurde Hans-Jörg Ganz vom Pfarrer zu einem Chorkonzert eingeladen. «Als 14-, 15-Jähriger sass ich dann auf der Empore und lauschte dem Konzert. Das Orgelspiel hat mich dabei besonders fasziniert. Von diesem Moment an wollte ich Orgel spielen.» Die Familie zog nach Henggart, wo Hans-Jörg Ganz, mittlerweile Kantonsschüler, in der reformierten Kirche das Orgelspielen üben durfte. «Während der Gottesdienste, die ich musikalisch an der Orgel begleitete, kam dann der Wunsch auf, dies zu meinem Beruf zu machen.» Bevor er jedoch mit dem Musikstudium begann, besuchte er das Oberseminar und erlangte das Primarlehrer-Patent. Mit Orgel und Klavier als Nebenfach begann er früh, selbst Klavierstunden zu geben, und sammelte damit erste Erfahrungen im Unterrichten. Die eigene Stimme, als ursprünglichstes Instrument, kam dazu. Im damaligen «Institut für Kirchenmusik» in Zürich absolvierte er die Kantorenausbildung. Die kirchenmusikspezifischen Fächer wurden durch das Dirigieren ergänzt.
Vom Lehrling zum Meister
Während dieser Zeit stolperte er über ein Inserat der damaligen Singschule Schaffhausen. Hans-Jörg Ganz besitzt noch heute das Original-Inserat, in welchem Edwin Villiger eine passende Nachfolge für seine Singschule suchte. «Ich bewarb mich, traf Edwin Villiger und war am Anfang so etwas wie sein Lehrling», erinnert sich Hans-Jörg Ganz. «Nach X Stunden wurde ich dann so etwas wie ein Geselle und durfte dann schon mal eine Stimmenprobe durchführen oder eine Chorprobe leiten.» Die zunächst privat geführte Singschule Schaffhausen wurde 1986 als Geschenk an die Musikschule übergeben: mit Hans-Jörg Ganz als Leiter. «Zu jener Zeit gab es noch keinerlei Strukturen, alles musste von Grund auf neu aufgebaut werden.» Die Musikschule hat das Geschenk angenommen, strukturiert und zu dem gemacht, was es heute ist: ein beliebter Ort für Musikbegeisterte und solche, die es noch werden möchten.
Mit dieser Integration gewann die Musikschule Schaffhausen nebst dem instrumentalen Bereich auch einen Bildungsort, an welchem auch das Vokale eine Rolle spielt. «Ein breit gefächerter Gruppenunterricht wurde aufgebaut – für Kinder bis hin zu jungen Erwachsenen. Und alles unter einem Dach, das war nicht immer so». Er spricht die Zeiten der MKS vor dem Einzug in die Räumlichkeiten in der Rosengasse an. «Früher war ich als Gastprediger im ganzen Kanton unterwegs, um Kinder und Jugendliche im Chorgesang zu unterrichten», erinnert sich der mittlerweile in Schaffhausen wohnhafte Musikliebhaber. Wichtig waren ihm während der ganzen Zeit an der Singschule kleinere und grössere Musiktheaterprojekte. «Singen, Theater und Bewegung zusammenzubringen ist etwas, das ich immer sehr gerne gemacht habe.»