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Schweiz/Ausland
19.12.2023

Andere Länder, andere Weihnachten

Die 13 Jólasveinar verstecken sich unterjährig nicht etwa im Wahrzeichen von Reykjavik: der Hallgrímskirkja. Die 13 Weihnachtsgesellen wohnen in den Bergen und finden den Weg in die Städte jeweils nur im Dezember. Heimlich bringen sie den Kindern die Geschenke.
Die 13 Jólasveinar verstecken sich unterjährig nicht etwa im Wahrzeichen von Reykjavik: der Hallgrímskirkja. Die 13 Weihnachtsgesellen wohnen in den Bergen und finden den Weg in die Städte jeweils nur im Dezember. Heimlich bringen sie den Kindern die Geschenke. Bild: Schaffhausen24, Manuela Blätter
Die verschiedenen Kulturkreise innerhalb Europas feiern die Weihnachtszeit mit ganz unterschiedlichen Bräuchen und Riten. Eine weihnachtliche Reise durch ein Zwölf-Gänge-Menu begleitet von Donald Duck, den Jólasveinar und Agios Vasilios.

Traditionen und Rituale sind insbesondere in der Advents- und Weihnachtszeit vielfältig. Was in unseren Kulturkreisen gang und gäbe ist, kann sich nur wenige hundert Kilometer entfernt ganz anders manifestieren. Der «Bock» hat sich mit Schaffhauser:innen mit polnischen, schwedischen, griechischen und isländischen Wurzeln über die Weihnachtsbräuche in ihren Heimatländern unterhalten. 

Wesołych Świąt in Polen

Im mehrheitlich katholischen Polen gilt Weihnachten als das wichtigste Familienfest. Die in Thayngen wohnhafte Joanna Wolska-Alvarez ist in Polen geboren und aufgewachsen und kennt sich mit den Bräuchen und Traditionen ihres Heimatlandes bestens aus. Sie erzählt, dass in ihrem Heimatland an Heiligabend zwölf fleischlose Gerichte gegessen werden. «Jedes Gericht soll für die Monate des kommenden Jahres Glück bringen», verrät sie. Bekannt ist beispielsweise «Barszcz z uszkami»: eine Randensuppe mit kleinen mit Pilzen gefüllten Teigtaschen. Fisch gilt an Heiligabend verbreitet als Fleischersatz und wird daher in verschiedenen Variationen zubereitet: Häufig sei es frittierter Karpfen. Das Festmahl kann allerdings erst beginnen, wenn der erste Stern am Himmel leuchtet. «Viele Kinder sitzen stundenlang am Fenster und schauen zum Himmel hinauf», so Joanna Wolska-Alvarez. Bevor das Weihnachtsessen beginnt, bekommt jedes Familienmitglied eine Oblate, welche nur aus Wasser, Mehl und Stärke besteht. Die Oblate wird gebrochen und mit jedem Anwesenden geteilt. Bei der Übergabe wird ein Wunsch für die entgegennehmende Person geäussert. «An unserem Weihnachtstisch ist auch immer ein Platz mit einem leeren Gedeck», sagt die gebürtige Polin. Die Tradition besagt, dass dieser Platz für Arme und einsame Menschen freigehalten werden soll.

Ein Gang von insgesamt zwölf: Randensuppe mit Teigtaschen. Bild: zVg.

Kalá Christoúgenna in Griechenland

Die griechische Bevölkerung gehört zu weiten Teilen der griechisch-orthodoxen Glaubensrichtung an. Orthodoxe Kirchen richten sich in vielen Fällen nach dem alten julianischen Kalender. Dies bedeutet, dass Weihnachten auf den 7. Januar fällt. Nicht so bei den orthodoxen Christen aus Griechenland. Sie richten sich nach dem gregorianischen Kalender und somit feiern sie Weihnachten am 25. Dezember, zeitgleich mit den katholischen und evangelischen Gläubigen. Obschon Ostern der höchste griechische Feiertag ist, wird in Griechenland auch Weihnachten traditionell und reich gefeiert. 

Am 25. Dezember trifft sich die ganze Familie und Verwandtschaft zu einem ausgiebigen Festmahl. Der traditionelle Hauptgang und auch Höhepunkt des Essens ist ein mit Reis und Hackfleisch gefüllter Truthahn.

Mit der Bescherung müssen sich die Kinder bis zur Silvesternacht gedulden. In Griechenland bringt nicht der Weihnachtsmann, sondern der Agios Vasilios, der heilige Vasilios, die Geschenke. Sein Namenstag ist am 1. Januar. Entsprechend müssen die Kinder am 31. Dezember jeweils bis Mitternacht warten, um die Geschenke auszupacken. Der heilige Vasilios gilt als wichtige kulturelle und religiöse Symbolfigur und ist der Schutzheilige der Kinder. 

Gleðileg jól in Island

Kolfinna Katrin Ingvarsdottir und Odinn Thor Rikhardsson aus Island erzählen, dass es in ihrem Heimatland nur wenige typische Weihnachtsbräuche gibt. Eine Besonderheit jedoch seien die Jólasveinar (Weihnachtsgesellen), welche die Aufgaben vom Weihnachtsmann übernehmen, aber wie Trolle aussehen. Die Jólasveinar leben in den Bergen und kommen jeweils nur im Dezember in die Städte. Ab dem 11. Dezember stellen Kinder für die kommenden 13 Nächte ihre Schuhe auf die Fensterbank. Am nächsten Tag ist bei gutem Benehmen ein kleines Geschenk im Schuh. Waren sie am Vortag unartig, erwartet sie eine Kartoffel. Kulinarisch gebe es keine festen Regeln. «Wir treffen uns an Heiligabend mit der ganzen Familie, um gemeinsam ‹Ris á l›amande› zu essen», verrät das Paar. In einer Schale dieses weihnachtlichen Milchreises stecke eine Mandel. Wer diese Mandel vorfindet, gewinnt und erhält in der Regel ein kleines Weihnachtsgeschenk. Das Menü für das Abendessen kann von Familie zu Familie unterschiedlich ausfallen. «Das beliebteste Hauptgericht ist ein glasierter Schinken mit Kartoffeln, Sauce und Rotkohl.»

Eine andere Weihnachtstradition ist, dass sich die Familien vor Weihnachten an einem Adventssonntag treffen, um «Laufabrauð» zu backen. Dabei handle es sich um eine Art Brot, aus dem schöne Muster ausgeschnitten werden und das danach frittiert wird.

God Jul in Schweden

Das Luciafest am 13. Dezember ist ein sehr wichtiger Feiertag in Schweden. Der christliche Festtag soll an die Märtyrerin Lucia von Syrakus erinnern, die einer Sage nach Essen an Bedürftige in die Katakomben brachte, wo sich diese versteckt hielten. Um im Dunkeln die Hände freizuhaben, soll sich Lucia einen Kranz aus Kerzen auf den Kopf gesetzt haben. Sängerin Lydia Mel aus Schaffhausen, die mit ihrem schwedischen Mann sieben Jahre in seinem Heimatland lebte, erzählt: «Es ist für Mädchen und Frauen in Schweden eine Ehre, Lucia sein zu dürfen.» Die Auserwählten tragen ein weisses, langes Gewand mit einem roten Gürtel und eben einen Lichterkranz auf dem Kopf. Mit einer grossen Kerze in der Hand laufen sie dann prozessionsartig durch das Dorf. 

«Am 24. Dezember steht um 15 Uhr ganz Schweden still. So gut wie alle schauen ‹Kalle Anka› im Fernsehen», so die Sängerin. Bei «Kalle Anka» handelt es sich um Donald Duck. «Im Gegensatz zur Schweiz, wo man sich hauptsächlich am Abend des 24. Dezembers trifft, feiern viele in Schweden den ganzen Tag». Lydia Mel führt weiter aus, dass an Heiligabend mehr oder weniger den ganzen Tag gegessen wird. Zum Abendessen würden Janssons Frestelse (ein spezieller Kartoffelgratin), Köttbullar (Fleischbälle) und Prinskorvar (kleinere Würste) bevorzugt.

Lussekatt ist ein typisches Weihnachtsgebäck aus Schweden. Es wird traditionell zum Luciafest am 13. Dezember gebacken. Safran gibt dem Gebäck die typisch gelbe Farbe. Bild: zVg.
Gabriella Coronelli, Schaffhausen24