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Kanton
06.08.2025
06.08.2025 13:53 Uhr

«Erntezeit»

Virginia Stoll.
Virginia Stoll. Bild: zVg.
Virginia Stoll spricht über das Verhältnis der verschiedenen Generationen zur Lebensmittelproduktion.

Kinder wie die Zeit verrinnt, in fünf Tagen endet die Sommerferienzeit und es ist wieder vorbei mit der Ruhe auf den Schweizer Strassen und im Emailpostfach. Hochbetrieb herrschte bis vor rund 14 Tagen jedoch neben den Strassen, auf den Feldern. Die Mähdrescher und Ballenpressen liefen fast Tag und Nacht, um das Getreide, den Raps und die Strohballen «vor em grosse Schträäz vo obe in Schäärme z’bringe». Die Getreideernte war dieses Jahr «ä gfreuti Sach», sowohl bei der Menge als auch bei der Qualität. Ich frage mich immer wieder, ob sich die nichtbäuerliche Bevölkerung überhaupt bewusst ist, wie wertvoll unsere Getreidefelder sind. Die ältere Generation (ü80) ist sich dessen sehr wohl bewusst und hat ein ganz anderes Verhältnis zur Lebensmittelproduktion als die Nachkriegsgenerationen. Im Wissen, dass man täglich vor vollen Brotregalen stehen kann, hat man Verständnis fürs Gülle-Gschmäckli oder für die bis in die Nacht dauernden Erntearbeiten und auch den langsamen Erntewagen, der einem auf der 80-er Strecke vorfährt und nicht überholt werden kann. Doch all diese kleinen «Nebengeräusche» der Brotvielfalt sind Peanuts in Anbetracht der wenigen Minuten oder Stunden, die sich einzelne Menschen darüber aufregen können und im Gegenzug aber stundenlangen Stau am Gotthard oder ebenso langes Warten in der Abflughalle in Kauf nehmen. In diesem Sinne ein herzliches Danke Ihnen allen fürs Verständnis, das Sie unseren Getreidebauern oder eben Ihrem «täglich Brot» entgegenbringen. Apropos Lebensmittelproduktion, dazu habe ich mir in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Gedanken gemacht. Mitten in den Proben zum Freilichtspiel «Wilchinger Handel» ist einem die Lebensmittelproduktion um 1720 auf einmal sehr nahe und fasziniert restlos. Da gab es noch keine Traktoren und Tiefkühltruhen, nur tierische und menschliche Muskelkraft, kühle Erdkeller, Tontöpfe und es wurde getrocknet, gepökelt und geräuchert. Nicht zu vergessen, das Waschen mit dem Waschbrett am Dorfbrunnen inklusive Klatsch und Tratsch. Ja, die gute alte Zeit, täglich zehn Minuten davon wäre die beste Medizin, heute und jetzt und für uns alle.

Schaffhausen24, Originalmeldung Virginia Stoll