«Der Rebbauverein Neuhausen feiert dieses Jahr ein Jubiläum, das 10-jährige Bestehen», so die ersten Worte von Ruedi Meier, Präsident Rebbauverein Neuhausen am Rheinfall. 2015 sei er mit der Intention gegründet worden, vor Ort wieder Reben anzusiedeln. Bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts war Neuhausen eine grosse Rebbaugemeinde. Dann sind sie nach und nach verschwunden. Diesen Sommer sei der Rebberg um mehr als das Doppelte erweitert worden. «Somit darf sich Neuhausen seit diesem Jahr wieder Rebbaugemeinde nennen», sagt Meier überglücklich.
Auch wenn vom Namen des Vereins her, betreffend Tätigkeit, eine logische Schlussfolgerung gezogen werden könne, sei diese zu kurz gedacht. Der Rebbauverein habe zwei weitere Standbeine. Einerseits sammle er alte Kulturgüter, die hoffentlich irgendwann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnten, andererseits fördere er die Kultur. Und dazu gehörten selbstverständlich auch die Literaturboote, welche einst Beat Toniolo, im Rahmen eines Kulturanlasses am Rheinfall, ins Leben rief. Über eine weitere Instanz wurde das Projekt schlussendlich an den Rebbauverein herangetragen, welcher dieses Patronat nun seit einigen Jahren innehat.
Erfreuliches Feedback
«Über die vergangene Ausgabe erhielten wir von Teilnehmenden und Autoren überaus positive Rückmeldungen. Das freut und motiviert uns», so Christian Di Ronco, zuständig fürs Sponsoring des Rebbauvereins, sowie verantwortlich für die Organisation, den Ablauf und das Budget der Literaturboote 2025. Auch dieses Jahr hoffe er, dass Petrus beim Wetter erneut milde gestimmt sei. Aber auch Regen verhindere die Durchführung nicht. Die Boote würden in solch einem Fall rundherum mit einer Abdeckung geschlossen. «Und im Falle eines ganz grossen Ansturmes steht ein zweites Boot mit derselben technischen Ausstattung, wie das Hauptboot, bereit.»
75 Minuten literarisch unterwegs
Jede der vier Fahrten am Sonntag, 24. August, dauert 75 Minuten, wobei jeweils ein Autor aus seinem Buch liest und den Teilnehmenden darüber berichtet. Nicht nur der Geist wird gefüttert, sondern auch der Bauch. Denn wie gewohnt gibt es vom Rebbauverein einen lokalen Wein sowie feinen Käse.
Dieses Jahr neu dabei ist Stefan Balduzzi. Er hat sich bei der Wahl der vier Autorinnen und Autoren bewusst für lokale Matadore entschieden. Auf den Bootsfahrten übernimmt er jeweils die Moderation.
«Matthias Ackeret und ich haben beim Radio Munot einst eine Jugendsendung namens Tonic moderiert, welche es heute aber nicht mehr gibt. Annina Keller war ebenfalls beim Schaffhauser Radio.», blickt Stefan Balduzzi auf die «gemeinsame» Vergangenheit zurück.
Annina Keller, 11 Uhr
Ende der 90er-Jahre war sie Lehrerin, hat ein Studium in Publizistik, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und internationalen Beziehungen abgeschlossen, war unter anderem Leiterin der SRG-Geschäftsstelle Deutschschweiz und ist seit diesem Jahr Co-Schulleiterin sowie Fachlehrerin für Fotografie im Lindenforum in Lohn.
Ihr erster Roman liegt beim Verlag und ist noch nicht gedruckt. Er soll am 7. Oktober erscheinen. «Mit Annina haben wir eine Person mit von der Partie, die noch mitten im Prozess ist und dadurch eine weitere Perspektive auf die Literatur einbringen kann», sagt Stefan Balduzzi begeistert.
Mit «Unterwegs» liest Annina Keller aus ihrem grossen Fundus an «Portraitsammlungen der etwas anderen Art» und entführt das Publikum in eine Welt aus feinsinnigen Alltagsbeobachtungen und kreativem Sprachspiel – scharfzüngig, sarkastisch, wohlwollend, oberflächlich oder tiefgründig, kombiniert mit einer Prise Witz. Dabei bildet Andrea Morgenthaler aka «die wandelnde Jukebox», mit ihrer Klaviermusik, den Rahmen.
Marlon Rusch, 13 Uhr
13 Jahre lang, wovon er acht als Co-Redaktionsleiter tätig war, prägte er die Schaffhauser AZ mit. Nebenbei war er als Reporter auch für «Die Zeit», die «WoZ» und «die Republik» tätig. Seit März ist er Redaktor im Schweizer Büro der Wochenzeitung «Die Zeit». «Mit seinem zweiten Buch ‹gegenterror› sorgte Marlon innerhalb kürzester Zeit über die Kantonsgrenze hinweg für Aufsehen. Erst kürzlich betitelte die NZZ es als eines der 100 besten und spannendsten Bücher des Jahres», berichtet Balduzzi. Der Roman handelt von der legendären Schaffhauser «Figur» Erich Schlatter, der gar vom Schweizer Staat weggesperrt wurde und diesen als faschistischen Rechtsstaat bezeichnete.
Erwin Beyeler, 15 Uhr
In Neuhausen am Rheinfall und Schaffhausen ist Erwin Beyeler aufgewachsen. Er studierte Rechtswissenschaften an der Uni Zürich, wo er ebenfalls zum Dr. iur. promovierte. In Schaffhausen hatte er in den 90er-Jahren eine eigene Anwaltskanzlei, bevor er stellvertretender Staatsanwalt des Kantons wurde. 2007 wählte der Bundesrat ihn zum Bundesanwalt des Landes. Daneben tut er sich als Autor von Kriminal-Romanen hervor. «Die witzigen Titel der ersten drei Romane lauteten Kern, Küng und Kramer. Erwin Beyeler wird aus letzterem, der 2022 erschien, vorlesen», sagt Balduzzi über den Anwalt und Autor.
Matthias Ackeret, 17 Uhr
Das neuste und sechste Werk des aus Uhwiesen stammenden Verlegers und Schriftsteller Matthias Ackeret heisst «Der Magier von Hiva Oa». Die Schaffhauser AZ betitelte ihn einst als den vielleicht unterschätztesten Journalisten der Schweiz. Er hat eine Gabe dafür nicht nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort, sondern da auch wirklich mit von der Partie zu sein. Er war beim Mauer-Fall, bei der Rückgabe von Hong-Kong an China und bei der Wahlfeier von Trump dabei. Während andere Journalisten blöde aus der Wäsche guckten, trank er im Hotel ein Getränk um das andere und rutschte so irgendwie in die Feier hinein. Er fuhr dereinst den DDR-Staatsmann Egon Krenz nach Schaffhausen und schaffte es auf ein Staatstreffen in Bern mit Michail Gorbatschow – dank Adolf Ogi. Das Foto mit dem Sowjetischen Generalsekretär öffnete ihm die Tür zum Sender «S Plus».
Matthias Ackeret liest aus seinem neusten Buch, in dem es um den einstigen schillernden Immobilienmogul aus Innsbruck, René Benko, geht: «Eine Persönlichkeit, die immer wieder in meinen Geschichten vorkommt, ist der Starfotograf Alberto Venzago, den ich immer Augusto Venzini nenne. Dieser hat zurzeit ein Projekt, die Suche der Nachfahren des berühmten Mahlers Gauguin. Er ist in Hiva Oa, Französisch-Polynesien, neben Jacques Brel, beerdigt. Dann poppte überall die Story rund um Benko auf. Ich kreierte die Figur Remo Blanko, die im Hotel Dolder untertaucht und nach Hiva Oa flieht.»