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Kanton
13.12.2025

Weihnachtspost

Marianne Stamm.
Marianne Stamm. Bild: zVg.
Landfrauenecke: mit Marianne Stamm.

In vergangenen Jahren freute ich mich auf den vorweihnachtlichen Gang zum Briefkasten. Nein, keine Pakete von Amazon oder Galaxus, die gab es noch nicht. Dafür Karten, handgeschriebene von Freunden oder Verwandten. Manche von weit her.

Ich zog eine lange Schnur an einer Wand in der Wohnstube. Daran hängte ich die Weihnachtspost. Die Karte mit dem weissen Känguru, von meiner australischen Freundin. Eine von Carol, sorgfältig im Kreuzstich gestickt. Diese habe ich immer noch. Karten von meiner Mutter, von meinen Kindern und ja, von meinem Mann. Von denen habe ich auch noch einige. Eine Glänzende von der Getreideannahmestelle, wo wir unseren Weizen hinführten, von den Mitarbeitern persönlich unterschrieben. Eine Karte unserer Bank, bei der ich mir nicht so sicher war, dass die Unterschriften echt waren!

Manchmal wurde ein Jahresrückblick beigelegt. Wo die Familie in den Ferien war, was ihre Kinder alle machen, wo sie arbeiten. Meist nur Positives, versteht sich. Gute Freunde schrieben dann noch einige persönliche Zeilen dazu, da steht dann vielleicht etwas von Krankheit oder sonstigen Herausforderungen. Am Ende der Saison nahm ich die Karten von der Leine, las noch einmal was lesenswert war, und das Meiste wurde entsorgt. 

In dieser Adventszeit 2025 erwarte ich nur wenige Karten. Wir sind eine schreibfaule Gesellschaft geworden. Ein Facebook Eintrag: «Frohe Weihnacht miteinander!» Da kommen schnell einige pfiffige Memes, die sich passend einfügen. Whatsapps oder Messenger Nachrichten sind immerhin schon persönlicher.

Am meisten Freude macht doch immer noch eine Karte mit ein paar Zeilen, die zeigen, diese Person hat sich wirklich gedanklich mit mir befasst. Sie wollte mir eine Freude bescheren.

Woher die Zeit nehmen, eine Karte zu schreiben? Vielleicht macht ihr es wie ich, als ich diese Zeilen schreiben musste. Reisst euch weg von Social Media oder dem Fernseher. Überlegt euch mal, wer in euerer Bekannt/Verwandtschaft sich richtig freuen würde über eine persönliche Karte. Meine betagte Lieblingstante freut sich immer ungemein über eine Karte von mir. Einmal sandte ich einer alten Nachbarin eine handgeschriebene Einladung an eine Weihnachtsveranstaltung. Sie kam nicht, schrieb aber zurück, wie ihr diese Karte Freude bereitete. Es beschämte mich ein bisschen; so wenig Aufwand, so viel Freude.

Es müssen ja nicht gleich zehn Karten sein. Versucht es mal mit einer oder zwei. An die Grossmutter im Altersheim, die freut sich bestimmt! Oder den Bruder im Ausland. Oder …. Karten gibt es überall, sogar in der Brocki. Weihnachtsmärkte bieten eine Vielzahl an selbstgebastelten Karten an. 

Was schreiben? Fang mal an: Liebe Grossmutter.» Dann denkt nach. Was verbindet euch mit der Grossmutter? Was für Erinnerungen kommen mit den Gedanken an sie? «Beim Guetzli machen denke ich immer an dich, du hast immer die besten Zimtsterne gemacht.» Vielleicht gab es im letzten Jahr etwas, das an eine Person erinnerte. «Als ich das Konzert von … besuchte, kamst du mir in den Sinn, du hattest immer Freude an dieser Musik…» Es müssen nicht lange Phrasen sein. Ein paar persönliche Zeilen genügen.

Jahresrückblicke sind immer noch gut. Aber bitte keine, die alles schönreden. Oder wenn schon, dann einige persönliche Zeilen, welche ehrlich und offen sind. Verschwenden wir unsere kostbare Zeit nicht mit Banalem. Obwohl – lieber ein paar banale Sätze an die Grosi die sich riesig freut, endlich vom Enkel mal etwas zu hören, als gar keine Zeilen. 

Es gibt so viele einsame Menschen, diese Jahreszeit ist für sie oft besonders schwierig. Ein paar Zeilen könnten Freude in einen Tag bringen, damit sie merken, jemand sieht sie. Es braucht so wenig. Nur eine Karte, dazu einen Stift und ein bisschen Zeit.

Schaffhausen24, Originalmeldung Marianne Stamm
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