Für das Inf Bat 61 ist 2025 ein geschichtsträchtiges Jahr und der 10. Dezember ein geschichtsträchtiger Tag. Das Batallion feierte sein 150-jähriges Bestehen, was aufgrund diverser Reformen nicht als selbstverständlich betrachtet werden kann. An der Zeremonie nahm ebenfalls Regierungsrätin Dr. Cornelia Stamm Hurter teil, welche nach ihrer Rede dem Bataillon, im Namen des Göttikantons, ein besonderes Gewehr überreichte – eines das 1875 Pate für die Waffen des Inf Bat 61 stand.
Im Zuge der festlichen Zeremonie beantwortete dessen Bataillonskommandant, Oberstleutnant im Generalstab, Patrick Noger, die Fragen des «Bock».
«Bock»: Wie wichtig sind Zeremonien, wie in diesem Fall die Fahnenzeremonie, für das Militär?
Patrick Noger: Militärische Zeremonien haben eine hohe symbolische, identitätsstiftende Bedeutung. Solche Anlässe schaffen Raum, um die Geschichte und Entwicklung eines Verbandes zu würdigen und die Kameradschaft unter aktiven und ehemaligen Angehörigen zu fördern. Gerade in einer Milizarmee sind diese Momente zentral, um das gemeinsame Selbstverständnis zu festigen. Gleichzeitig erfüllen Zeremonien eine wichtige Brückenfunktion gegenüber der Bevölkerung. Öffentliche militärische Feiern machen den Milizgedanken sichtbar und stärken das Vertrauen in die Armee. Sie bieten eine Plattform, um Leistungen anzuerkennen, den Dialog mit der Gesellschaft zu pflegen und das positive Image eines Verbandes sowohl nach innen als auch nach außen zu stärken. Damit tragen sie wesentlich zur Verankerung des militärischen Engagements im Dienst der Gemeinschaft bei. Eine besondere Rolle kommt der Fahne zu. Sie ist eines der tiefsten und beständigsten Symbole kollektiver Identität – im Volk wie im Militär. Die eidgenössischen Standesfahnen haben über Jahrhunderte unsere militärische Geschichte geprägt und bilden die direkte Linie zu den heutigen Fahnen und Standarten der Bataillone und Abteilungen. Die Schweizerfahne ist aus unserem Militärwesen herausgewachsen und wurde nicht zuletzt dank General Dufour zu dem, was sie heute ist: ein starkes Zeichen für Einheit und Zusammenhalt unseres Bundesstaates. Dufour war überzeugt, dass die Fahne ein Ort der Sammlung ist, Ausdruck eines gemeinsamen Volkstums und einer geteilten Verantwortung. Das Dienstreglement trägt dieser Entwicklung Rechnung: Fahnen und Standarten gelten als Symbole des Zusammenhalts eines Verbandes, als Ausdruck der inneren und äusseren Verbundenheit seiner Angehörigen und als Repräsentation der Eidgenossenschaft, deren Schutz und Verteidigung Auftrag der Armee ist. Obwohl eine Fahne materiell betrachtet lediglich aus farbigem Stoff besteht, liegt ihre Bedeutung in ihrer Funktion als kollektives Identitätssymbol. Menschen identifizieren sich mit der Fahne – und über sie mit ihrem Verband, ihrer Geschichte und ihrem Auftrag. Insgesamt sind Fahnenzeremonien deshalb weit mehr als formale Akte: Sie stärken Identität und Traditionspflege, fördern den Zusammenhalt, schaffen Verbindung zur Bevölkerung und erinnern daran, was es zu schützen gilt.
Gehört das Inf Bat 61 zu den ältesten noch bestehenden Batallionen?
Noger: Ja, das Infanteriebataillon 61 gehört tatsächlich zu den ältesten noch bestehenden Bataillonen der Schweizer Armee. Sein Ursprung reicht direkt auf die Militärorganisation von 1874 zurück. Diese Reform entstand nach intensiven politischen Diskussionen darüber, wie das Heerwesen stärker zentralisiert werden sollte. Mit der neuen Bundesverfassung von 1874 ging die Verantwortung für Ausbildung, Bewaffnung und Organisation der Armee erstmals vollständig an den Bund über; gleichzeitig wurde die allgemeine Wehrpflicht konsequent eingeführt. Auf dieser Grundlage erliess der Bundesrat noch im selben Jahr das neue Militärorganisationsgesetz. Mit Inkrafttreten im Jahr 1875 wurde damit auch das damalige Schaffhauser Füsilier-Bataillon 61 geschaffen, eingebettet in die Strukturen der 6. Division, die von den Kantonen Schaffhausen und Zürich gestellt wurde. Viele der damals gegründeten Verbände existieren heute nicht mehr oder wurden im Rahmen späterer Armeereformen aufgelöst oder neu organisiert. Dass das Inf Bat 61 weiterhin besteht, macht es zu einem der traditionsreichsten Bataillone der Schweizer Armee – ein Verband, der seine 150-jährige Geschichte bis heute fortschreibt.
Für welche militärischen Aufgaben übt das Inf Bat 61?
Noger:Das Infanteriebataillon 61 übt für die Kernaufgaben der Verteidigung wie auch für Einsätze im Unterstützungsdienst zugunsten der zivilen Behörden. Der Schwerpunkt der diesjährigen Ausbildung lag auf den Einsatzverfahren zur Verteidigung eines Raumes sowie auf dem Angriff im urbanen Gelände. Damit folgt das Bataillon der klaren Absicht der Armeeführung, die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz weiter zu stärken und die Verbände auf anspruchsvolle Lagen in einem modernen Einsatzumfeld vorzubereiten. Gleichzeitig bleibt die Unterstützung der zivilen Behörden eine unserer zentralen Aufgaben – sei es bei sicherheitspolizeilichen Grossereignissen, Katastrophenlagen oder im Rahmen des Bevölkerungsschutzes. Diese doppelte Ausrichtung stellt sicher, dass das Inf Bat 61 sowohl im militärischen Kernauftrag als auch in der subsidiären Unterstützung jederzeit wirkungsvoll eingesetzt werden kann.
Was zeichnet das Inf Bat 61 aus?
Noger:In seiner Ausrüstung und seiner personellen Alimentierung unterscheidet sich das Infanteriebataillon 61 grundsätzlich nicht von anderen Infanteriebataillonen der Schweizer Armee. Unsere Soldatinnen und Soldaten arbeiten mit den gleichen Systemen, Ausbildungsmitteln und Strukturen wie vergleichbare Verbände. Was das Inf Bat 61 jedoch besonders auszeichnet, ist seine starke regionale Verankerung. Die Verbundenheit zur Ostschweiz – und zum Kanton Schaffhausen im Speziellen – prägt den Charakter des Bataillons bis heute. Viele Angehörige stammen aus der Region oder fühlen sich ihr eng verbunden. Diese regionale Identität schafft ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl und trägt wesentlich zur Kultur und Leistungsbereitschaft des Verbandes bei. Nicht selten wird dem Schaffhauser Inf Bat 61 zudem eine gewisse Hartnäckigkeit nachgesagt – ein Attribut, das wohl subjektiv geprägt ist, aber gerne und mit einem gewissen Stolz weitergetragen wird. Diese Mischung aus regionalem Selbstverständnis, Zusammenhalt und engagiertem Dienst macht das Inf Bat 61 zu einem besonderen Verband innerhalb der Infanterie.