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Gesellschaft
25.09.2025
22.09.2025 16:51 Uhr

Bock-Splitter

Richard Altorfer verfasst zweimal pro Monat die Kolumne «Bock»-Splitter.
Richard Altorfer verfasst zweimal pro Monat die Kolumne «Bock»-Splitter. Bild: zVg.
Eine Kolumne von Richard Altorfer.

Kari, nachdenklich: Früher gingen die Alten in den Wald oder ins Meer, um den Jungen nicht weiter zur Last zu fallen. Heute findet man sie auf Kreuzfahrten oder auf Trekkings.

Vor allem in den USA, aber auch in Europa bieten Firmen die Ganzkörper- (oder auch nur Hirn-)Kryokonservierung in Flüssigstickstoff an (zum Beispiel «Tomorrow Biostasis» in Berlin). Auf diese Weise könne man locker mehr als 150 Jahre alt werden – so wie sich das Putin und Xi kürzlich vorstellten. Die Angebote sind durchaus ernst gemeint, die Kosten mit rund 200 000 Euro überblickbar. Stimmt, spannend wär’s schon, zu erleben, wie die Welt 2175 aussieht. Es sei denn, man würde aus dem Kryokoma erweckt und müsste feststellen: Putin und Trump sind immer noch an der Macht. Dann wäre es von Vorteil, gleichzeitig Mitglied von EXIT zu sein.

Forderung eines Nörglers: Der Begriff «Work-Life-Balance» müsse unbedingt um jenen der «Work-death-Balance» ergänzt werden. Natürlich nicht für die Fahrer von Tesla&Co, sondern für die Kinder in Katanga (Kongo), die dort Kupfer, Kobalt, Mangan, Nickel und dergleichen abbauen, die man für den Batterienbau benötigt. Spielverderber!

Ist man alt, wenn einen der Ehrgeiz verlassen hat? Onkel Hugo hat die Frage gestellt. Er mache sich Sorgen. Er sei zu alt, um noch reich zu werden, klagt er – nicht unglücklich, nur resigniert. Ausserdem seien ihm all die Statussymbole vom Champagner-Frühstück über die Gaggia-Espressomaschine, eine Junior Suite im Burj Al Arab in Dubai, ein e-Porsche Taycan oder die Einladung zum Poloturnier inzwischen egal. Wurstsalat und Rummikub täten’s ihm auch. Für die paar Jahre, die ihm noch blieben, reiche sein Geld. Ruhe statt Stress, T-Shirt statt Krawatte, Small talk über Teich und Eichhörnchen seien ihm längst lieber als Meetings mit Geschäftsoptionen im Hinterkopf – dafür fehle ihm die Energie. Doch dann schaue er auf die Jüngeren, die «Gen Z». Irgendwie faul, aber voll auf Karriere, Ferienwohnungen in St. Moritz, London und Miami und ein Abo bei Jet Aviation fixiert. Am liebsten als Influencer tätig, aber notfalls auch exzessiv arbeitend. Die Kinder in Leysin im Internat. Gut, all das hätte er sich ohnehin nie leisten können – aber angestrebt schon. Bis vor ein paar Jahren. Dann, auf einmal, sei ihm das alles langweilig vorgekommen, er wisse auch nicht, warum. Seine Ferienwohnung in Bivio genüge ihm, er werde sogar die verkaufen. Was soll er dort? Und doch, manchmal werde er unsicher. Würde ihn ein bisschen Ehrgeiz – und sei’s in Projekten für Alte oder Tiere – vielleicht länger jünger halten? Er frage sich, ob sich solche Fragen zu stellen, nicht bereits das erste oder letzte Zeichen des Alterns sei. Hugo wird still – und entschliesst sich dann für einen Gin-Tonic. Mit Rosmarin und Thomas Henry Botanical Tonic. Ein bisschen modisch sein, helfe möglicherweise.

Die spannende Feststellung am Ende: Wären die Mächtigen nicht mächtig, wäre die Welt ein überaus lustiges Narrenhaus.

Schaffhausen24, Originalmeldung Richard Altorfer