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Gesellschaft
10.10.2025

Säbelrasseln an der neuen Ostfront

Carsten Priebe ist vielseitig interessiert. So veröffentlichte er unter anderem Geschichts-, Managerbücher und ein Werk zum Bitcoin.
Carsten Priebe ist vielseitig interessiert. So veröffentlichte er unter anderem Geschichts-, Managerbücher und ein Werk zum Bitcoin. Bild: Sandro Zoller
Eine Gastkolumne von Carsten Priebe.

Leitmedien im Kriegstaumel: Als Kind des Kalten Krieges bin ich mit den Modellbausätzen von Revell und Airfix aufgewachsen. Heute, im Kalten Krieg 2.0, haben Modellbausätze wieder eine hochbrisante Bedeutung. Der estnische Aussenminister legte am 21. September dem UN-Sicherheitsrat das Bild eines russischen Kampfjets vom Typ MIG-31 Foxhound vor. Das Bild stammte offenbar von der Schachtel des Modellbausatzes von Trumpeter für die Foxhound. Der Minister nutzte das Bild als angeblichen Beweis dafür, dass das schnellste bekannte Kampfflugzeug am 19. September für 12 Minuten den estnischen Luftraum verletzt habe. Nach Angaben des Aussenministers hätte ein Abfangjäger der NATO-Alarmrotte das perfekte Foto der MIG-31 gemacht. Allerdings benötigen NATO-Abfangjäger nach der Alarmierung 15 Minuten, bis sie überhaupt in der Luft sind. Die grossen Leitmedien übernahmen die estnische Version der Geschichte kritiklos. Der Einwand Russlands, die Flugzeuge seien im vereinbarten Korridor geblieben, wurde weitgehend ignoriert.

Düsenjäger im Schleichtempo und mysteriöse Drohnen

Wenige Tage zuvor, am 12. September, meldeten die westlichen Leitmedien, russische Drohnen seien bis nach Polen geflogen und hätten dort ein Haus getroffen. Das Bild des zerstörten Dachstuhls ging um die Welt. Die Hausbesitzer erklärten, ihr Haus sei vor Monaten von einem Unwetter beschädigt worden und nicht durch irgendeine Drohne. Doch sie fanden bei den grossen Medien kein Gehör. Die NATO-Sprachrohre änderten am 18. September ihrer Geschichte zu folgender Version: Das polnische Haus sei durch eine eigene Rakete getroffen worden, die versucht habe, die russische Drohne abzufangen. Mein Vertrauen in die westliche Raketentechnik wurde durch diese Meldung nicht gerade gestärkt. Ich hätte wenigstens ein paar Brand- oder Explosionsspuren an dem Haus erwartet, wenn eine 800 000 Franken teure Rakete im Dachstuhl eines Einfamilienhauses einschlägt – zumindest sollte es der Sinn und Zweck einer solchen Rakete sein, zu explodieren. Bilder von den Raketenteilen wurden nicht veröffentlicht. Warum nicht?

NATO-Expertin rät zum Abschuss und denkt nicht an Konsequenzen

Am 23.  September herrschte Drohnenpanik in Kopenhagen. Die Polizei glaubte russische Drohnen über dem dortigen Flughafen gesehen zu haben, der dann sofort gesperrt wurde. Die Politik reagierte panisch, die Medien vermuteten einen Angriff Russlands, auch nachdem die Polizei einräumte, man habe sich wohl getäuscht. In der deutschen Bild Zeitung ordnete die NATO-Expertin Florence Gaub daraufhin ein:

Bei weiteren russischen Provokationen dürfe die NATO nicht mehr zögern. Ein Abschuss von russischen Flugzeugen im NATO-Luftraum sei rein rechtlich sauber. Wie beruhigend. Das Flugzeug, das für die Drohnensichtungen verantwortlich war, wurde inzwischen identifiziert. Es kam nicht aus Russland.

Im Klartext: Die NATO rührt derzeit mächtig die Kriegstrommeln und die grossen Medienhäuser machen brav mit.

Schaffhausen24, Originalmeldung Carsten Priebe