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Gesellschaft
07.11.2025

Frauen, die keinen Platz haben

Franziska Ramella.
Franziska Ramella. Bild: zVg.
Eine Gastkolumne von Franziska Ramella.

Wer durch einen Ort spaziert, bewegt sich durch einen Raum voller Namen. Strassen, Plätze, Denkmäler und Tafeln erzählen Geschichten, aber sie erzählen sie fast ausschliesslich aus männlicher Perspektive. Die Stadtgeschichte, die im öffentlichen Raum sichtbar wird, trägt an vielen Orten und auch in Schaffhausen kaum je den Namen einer Frau. Während Heinrich Moser, Johann Jakob Wepfer oder Walther Bringolf präsent sind, sucht man vergeblich nach Mentona Moser, Ruth Blum oder Esther Bührer. Frauen, welche die Geschichte und auch Schaffhausen geprägt haben, bleiben unsichtbar. Das ist keine Bagatelle, sondern ein Symptom. Denn die Benennung öffentlicher Räume formt das Selbstbild einer Stadt. Sie zeigt, wer als erinnerungswürdig gilt, wer übergangen und damit dem Vergessen preisgegeben wird. Andere Städte haben diesen Missstand bereits erkannt. Zürich, Bern oder Genf haben in den letzten Jahren begonnen, neue Strassen gezielt nach Frauen zu benennen, um ein ausgewogeneres Stadtbild zu schaffen. In Schaffhausen dagegen verharren wir im Stillstand. Dabei gäbe es keinen Mangel an Vorbildern. Den Menschen sollten diese Namen ein Begriff sein: Frida Wilhelmina Amsler-Rauschenbach, die in Schaffhausen für das Frauenstimmrecht kämpfte. Esther Bührer, präsidierte als erste Frau den Kantonsrat und war erste Schaffhauser Ständerätin. Ruth Blum, Autorin und Chronistin des Alltagslebens von Frauen. Berta Rahm, war eine der ersten Architektinnen der Schweiz, Verlegerin und Feministin. Mentona Moser, gilt als Sozialreformerin und eine der Pionierinnen der modernen Sozialarbeit. Els Peyer-von Waldkirch, war während des Zweiten Weltkriegs in Schaffhausen eine zentrale Figur im Zivilschutz, in der Flüchtlingshilfe und in der sozialen Versorgung. Es wird Zeit, diesen Frauen den Platz im kollektiven Gedächtnis und in der Gegenwart einzuräumen, der ihnen gebührt. Erinnerungspolitik beginnt nicht erst in Museen oder Geschichtsbüchern, sondern genau dort, wo wir leben. Namen im Stadtbild sind Wegweiser, sie spiegeln wider, was eine Gesellschaft ehrt. Wenn über Jahrhunderte nur Männer Namensträger sind, entsteht kein ganzes, sondern ein verzerrtes Geschichtsbild, und damit kein Vorbild der Gleichberechtigung für die Menschen der Zukunft. Es ist höchste Zeit, Sichtbarkeit zu schaffen und diese politisch einzufordern, bei neuen Strassen, Arealen oder Plätzen. Solange die Wege, auf denen wir wandeln nicht auch die Namen von Frauen tragen, bleibt die Hälfte der Bevölkerung historisch unsichtbar. Diese Namen sind mehr als Buchstaben auf einem Schild, sie sind wichtige Spuren aus Erinnerung, Bedeutung und Zugehörigkeit.

Schaffhausen24, Originalmeldung Franziska Ramella