Als im Juni 2024 klar wurde, dass die Institution in Zürich, in der ich viele Jahre lebte, per Ende Jahr schliessen wird, musste ich mich entscheiden, welche Wohnform ich ab dann wählen würde. Mein allererster Gedanke galt natürlich dem Assistenzmodell. Das hätte bedeutet, dass ich in einer eigenen Wohnung und in meinem gewohnten sozialen Umfeld bleiben könnte, mich selbst um meine Pflege und weitere Dienstleistungen kümmern müsste.
Für und wider beim Assistenz-Modell
Ich informierte mich gründlich und beantragte bei der IV Assistenz-Beiträge, um Pflegeleistungen bezahlen zu können. Mir wurden Beiträge für fünf Stunden (Pflege- und andere Hilfestellungen) pro Tag zugesprochen, was für mich zu Beginn des Entscheidungsprozesses einfach nur fantastisch klang. Morgenpflege, Haushalt und Mittagessen würde ich durch die örtliche Spitex mit durchschnittlich drei Stunden pro Tag abdecken können, mit den übrigen zwei Stunden müsste ich den Abend und das Zubettgehen organisieren.
Beim näheren Hinschauen sah ich aber auch die Schattenseiten dieses Konzepts. Wenn ich die Menschen, die für mich arbeiten würden selbst auswählen könnte, müsste ich auch deren Organisation übernehmen. Ich würde zur Arbeitgeberin. Arbeitsplanung, Personalsuche, Arbeitsverträge inklusive Versicherungen abschliessen, Kontrolle über die Finanzen, etc. Mir wurde erst da klar, was die Institution in Zürich 23 Jahre lang alles für mich übernommen hat. Eine schlimme Vorstellung war, dass sich jemand spontan krankmeldet. Das kann in einer Institution besser abgefedert werden, und ich würde mich weniger abhängig machen.
Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit im Lindli-Huus
Als ich vor über 30 Jahren meine MS Diagnose erhalten habe, war eines ganz klar: In meinem Leben soll sich nicht alles um diese Krankheit drehen. Ich habe doch sonst noch so viele Interessen! Unter Freiheit stelle ich mir anderes vor, als alle Energie in das Projekt «Alltag» zu stecken. Ganz ehrlich: Ich bin froh, wenn mir diese Aufgaben abgenommen werden. So suchte ich nach einer geeigneten Institution, irgendwann kam mir das Lindli-Huus in Schaffhausen in den Sinn. Beim Probewohnen fühlte ich mich wohl. Ich realisierte, dass ich hier selbstständig und selbstbestimmt leben, meinen verschiedenen Interessen nachgehen, spontan ausgehen und meine Individualität leben kann. Zudem muss ich die Pflegeleistung nicht selbst organisieren. Für mich ein perfekter Kompromiss! Als ich dann vor einem Jahr definitiv hier eingezogen bin, war ich richtig glücklich über meinen Entscheid. Mein Kopf ist endlich wieder frei für anderes. Jetzt kann ich mich entscheiden, wie und wofür ich meine Energie einsetze. Das bedeutet für mich Lebensqualität!