Vorhang auf und Bühne frei: Am vergangenen Freitag fand im Schaffhauser Stadttheater das alljährliche Altra-Spiel statt. Die diesjährige Produktion fand während eines besonderen Anlasses statt: Die Altra Schaffhausen feiert ihr 60-jähriges Bestehen. Passend zum Jubiläum entstand ein eigens konzipiertes Theaterstück, das von insgesamt 35 Schauspielerinnen und Schauspielern getragen wurde. Verfasst wurde das Stück von Regisseur und Theaterpädagoge Thorsten Meito gemeinsam mit Jens Förster, Job Coach für Inklusionsarbeitsplätze. Für Thorsten Meito waren die Proben dieser Inszenierung in mehrfacher Hinsicht speziell, wie er im Gespräch mit dem «Bock» erklärt: «Die Arbeit mit dem Ensemble macht mir immer grosse Freude. Dieses Mal habe ich mich besonders intensiv mit der Geschichte der Altra beschäftigt und viele Stunden lang alte Geschäftsbriefe gelesen. Daraus sind etliche spannende Geschichten entstanden, die wir humorvoll, aber auch mit einem kritischen Blick auf die Gesellschaft, auf die Bühne bringen wollten.» Ein prägendes Merkmal der Inszenierung war die enge Zusammenarbeit mit den Schauspielerinnen und Schauspielern. Ideen und Anregungen aus dem Ensemble flossen kontinuierlich in den Entwicklungsprozess des Stücks ein. So entstand eine Geschichte, in der jede Rolle auf die jeweilige Person zugeschnitten ist.
Grosses Miteinander
Rund 90 Stunden probte die Gruppe in den vergangenen Wochen und Monaten, bis schliesslich ein stimmiges und berührendes Theatererlebnis entstand. Im Zentrum steht eine klare Botschaft: «Behindert sein ist Arbeit – aber sie lohnt sich!» Genau diese Haltung wolle man vermitteln. Zwar habe sich in der Inklusionsarbeit in den letzten Jahren vieles verbessert, dennoch bestehe weiterhin Handlungsbedarf, meint Nicole Widmer, die seit vielen Jahren Teil des Altra-Spiels ist.
Alex und die zeitreisenden Mäuse
Inhaltlich greift das Stück die Anfänge der Altra Schaffhausen auf, die 1965 vom Ehepaar Witt als Eingliederungsstätte Schaffhausen gegründet wurde. Ziel war es von Beginn an, Menschen mit Behinderungen zu unterstützen, zu begleiten und in die Gesellschaft zu integrieren. Einer von ihnen ist Alex, gespielt von Matthias Keller, der auch schon einige Jahre beim Alra-Spiel mitwirkt. Sein Wunsch ist es, zu arbeiten wie sein Vater. Unterstützung findet er in der Eingliederungsstätte, wo er lernt, trotz Einschränkungen seinen eigenen Weg zu gehen.
Neben Alex gibt es in der Geschichte auch zwei Mäuse, die das Publikum mit auf eine Reise durch sechs Jahrzehnte der Altra-Geschichte mitnehmen. Eine von ihnen stammt aus dem Jahr 2025 und erzählt der anderen von einem Ort, an dem Menschen mit und ohne Behinderung selbstverständlich zusammenarbeiten. Auf ihrer Zeitreise erleben sie prägende Entwicklungen, darunter auch den Namenswechsel im Jahr 2001: Aus der Eingliederungsstätte Schaffhausen wird die Altra Schaffhausen – abgeleitet vom italienischen Wort für «andere». Der neue Name sollte die Menschen stärker in den Mittelpunkt rücken. Mit den Jahren wuchs die Stiftung kontinuierlich. Neue Werkstätten entstanden, Arbeitsintegrationen und Ausbildungsangebote wurden ausgebaut sowie Wohnformen weiterentwickelt. Auch die Landwirtschaft auf dem Löwenstein gehört zu dieser Entwicklung. Einen weiteren wichtigen Einschnitt markierte 2014 die UNO-Behindertenrechtskonvention, die Organisationen wie die Altra verpflichtet, Inklusion konsequent zu fördern. Gleichberechtigung statt Ausgrenzung lautet seither das Leitmotiv, sichtbar unter anderem in der Gründung des Inklusionsrats der Altra Schaffhausen. Am Ende ihrer Reise erreichen die Mäuse die Gegenwart. Inklusion soll hier eine selbstverständliche Rolle in der Gesellschaft spielen. Was sie auf ihrem Weg erfahren haben, wird dem Publikum eindrücklich, berührend und zugleich hoffnungsvoll nähergebracht.